Tritt infolge eines im Rahmen einer unfallversicherten Tätigkeit aufgetretenen Knalls (Unfallereignis) eine - wenn auch nur vorübergehende - Vertäubung (Gesundheitserstschaden) auf, handelt es sich um einen
Arbeitsunfall.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Feststellung eines Versicherungsfalls setzt voraus, dass der Vollbeweis über die anspruchsbegründenden Umstände und Ereignisse erbracht werden kann. Das bedeutet, dass das Gericht diese aufgrund seiner freien Überzeugungsbildung als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zutreffend feststellen können muss. Dies ist der Fall, wenn ihr Vorliegen in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass sämtliche Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit. Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich. Lassen sich die anspruchsbegründenden Umstände und Ereignisse oder lässt sich ein Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.
Gesundheitserstschaden ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht dem allgemeinen Krankheitsbegriff. Der Gesundheitserstschaden setzt mithin keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (zum Beispiel ein „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Maßgebend ist aber eine substantielle somatische oder psychische Verletzung im Sinne einer Regelwidrigkeit, die einen pathologischen Zustand herbeiführt, was nicht gleichzusetzen ist mit regelhaft ablaufenden physiologisch-biologischen belastenden körperlich oder seelischen Prozessen. Aufgetretene Schmerzen allein rechtfertigen daher die Anerkennung eines Arbeitsunfalles noch nicht, da Schmerz als zunächst normale körperliche Reaktion auf eine Körpereinwirkung ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte noch nicht zwingend auch den Eintritt einer substanziellen Läsion am Körper belegt. Die Auffassung, minimale Regelwidrigkeiten ohne
Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit seien bei der Frage, ob ein Gesundheitserstschaden vorliegt, ebenso bedeutungslos wie bloße Schmerzen, teilt der Senat daher nicht.