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Keine Prozesskostenvorschuss bei Streitigkeiten um Arbeitsentgelt

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Streitigkeiten um Arbeitsentgelt sind keine persönlichen Angelegenheiten im Sinne von § 1360a Abs. 4 BGB, für die ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss in Betracht kommt.

Für die Beurteilung als persönliche Angelegenheit reicht es nicht aus, dass die eheliche Lebensgemeinschaft vom Erfolg eines hierüber geführten Rechtsstreits materiell berührt wird. Die Aussicht auf eine Verbesserung der Vermögenssituation der Eheleute macht eine Streitigkeit nicht zu einer persönlichen Angelegenheit.

Hierzu führte das Gericht aus:

Streitigkeiten um Arbeitsentgelt werden teils zu den persönlichen Angelegenheiten im Sinne von § 1360a Absatz 4 BGB gezählt, teils wird dies aber auch abgelehnt. Die erkennende Kammer schließt sich der ablehnenden Meinung an. Entgeltstreitigkeiten sind keine persönlichen Angelegenheiten im Sinne von § 1360a Absatz 4 BGB, für die ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss in Betracht kommt.

Es kann nicht die gesamte Gruppe der Entgeltstreitigkeiten in die persönlichen Angelegenheiten einbezogen werden. Der hierfür herangezogene Bezug zur Sicherung des ehelichen Lebensunterhalts reicht dafür nicht aus. Für die Beurteilung als persönliche Angelegenheit reicht es nicht aus; dass die eheliche Lebensgemeinschaft vom Erfolg eines hierüber geführten Rechtsstreits materiell berührt wird. Die Aussicht auf eine Verbesserung der Vermögenssituation der Eheleute macht eine Streitigkeit nicht zu einer persönlichen Angelegenheit. Ansonsten würde unter Außerachtlassung des in den Materialien dokumentierten Ausnahmecharakters das Merkmal der persönlichen Angelegenheit weitgehend seine den Vorschussanspruch wegen Prozesskosten begrenzende Wirkung verlieren.

Unter den Entgeltstreitigkeiten gibt es eine größere Gruppe, bei der ein qualifizierter Bezug zur Person der klagenden Arbeitnehmerpartei ganz regelmäßig fehlt. Dies gilt beispielsweise für Entgeltstreitigkeiten, die darum geführt werden, ob der Arbeitgeber das volle Arbeitsentgelt ausgezahlt hat, oder noch Restbeträge offen sind, weil Überstunden nicht bezahlt wurden, eine andere Eingruppierung einschlägig und deshalb ein höheres Entgelt geschuldet ist oder der klagenden Partei zu Unrecht bestimmte Zuschläge nicht gezahlt worden sind. Solche Streitigkeiten haben das Austauschverhältnis Arbeit gegen Entgelt zum Gegenstand. Umstritten sind tatsächliche Gegebenheiten oder Einzelheiten der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Ein enger Bezug zur Person des Ehegatten, zu seinem Geltungs- und Achtungsanspruch besteht nicht. Eine persönliche Angelegenheit im Sinne von § 1360a Absatz 4 Satz 1 BGB vergleichbar einer Abstammungsklage, einer Entmündigung oder einem strafrechtlichen Schuldvorwurf wird nicht erkennbar.

Die Überlegungen des Bundesarbeitsgerichts zur Bestandsstreitigkeit als persönliche Angelegenheit im Sinne von § 1360a Absatz 4 BGB sind nicht auf Entgeltstreitigkeiten zu übertragen. Dies gilt auch für die vorliegend angesprochene Teilgruppe von Entgeltstreitigkeiten, mit denen das gesamte Arbeitsentgelt für einen erheblichen, mehrere Monate übersteigenden Zeitraum geltend gemacht wird. Zwar stehen solche Streitigkeiten in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Bestandsstreitigkeiten, insoweit die Arbeitnehmerseite mit der Klage ihr Entgeltinteresse insgesamt aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verfolgt. Dennoch fehlt die die eheliche Gemeinschaft oder den Achtungsanspruch des Ehegatten prägende Bedeutung. Es ist nicht die (dauerhafte) Möglichkeit einer bestimmten Erwerbstätigkeit und die Möglichkeit der Persönlichkeitsentfaltung durch Arbeitsleistung in Frage gestellt, sondern der wirtschaftliche Ertrag aus dem Arbeitsverhältnis. Rechtliche Auseinandersetzungen entstehen insoweit typischerweise um Fragen des Verzugseintritts oder der Anrechnung eines Zwischenverdiensts und von Sozialleistungen (vgl. § 615 Satz 2 BGB, § 1 KSchG). Für solche Fragen drängt sich ein persönlicher Bezug nicht auf. Was die Anrechnung von unterlassenem Zwischenverdienst angeht, so ist zwar mit dem Merkmal der Böswilligkeit des Unterlassen ein subjektives Element und ein Vorwurf gegenüber dem Arbeitnehmer angesprochen, dies ist aber nicht vergleichbar etwa mit einem Vorwurf strafbaren Handelns und stellt regelmäßig nicht den Achtungsanspruch des Ehegatten in Frage.


LAG Berlin-Brandenburg, 28.12.2023 - Az: 12 Ta 960/23

ECLI:DE:LAGBEBB:2023:1228.12TA960.23.00

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