1. Die Pflicht des öffentlichen
Arbeitgebers zur
Einladung schwerbehinderter Menschen zu einem Vorstellungsgespräch nach § 165 Satz 3 SGB IX beinhaltet auch das Erfordernis einen Ersatztermin anzubieten, wenn der sich bewerbende schwerbehinderte Mensch seine Verhinderung vor der Durchführung des vorgesehenen Termins unter Angabe eines hinreichend gewichtigen Grundes mitteilt und dem Arbeitgeber die Durchführung eines Ersatztermins zumutbar ist.
2. Aus der Verwendung des Gendersterns bei der Stellenausschreibung kann nicht geschlossen werden, dass nicht eingestellte zweigeschlechtliche Menschen im Auswahlverfahren wegen ihres Geschlechts benachteiligt wurden.
Schreibt der Arbeitgeber eine Stelle entgegen
§ 11 AGG unter Verstoß gegen
§ 7 Abs. 1 AGG aus, kann dies die Vermutung iSv.
§ 22 AGG begründen, dass die sich erfolglos bewerbende Person im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines Merkmals iSv.
§ 1 AGG benachteiligt wurde. Zur Vermeidung der Vermutungswirkung in Bezug auf das in § 1 AGG enthaltene Merkmal „Geschlecht“ hat eine Ausschreibung daher geschlechtsneutral zu erfolgen. Sie muss sich an Menschen jedweden Geschlechts richten, nicht nur an Männer und Frauen.
Unter einer Ausschreibung iSv. § 11 AGG ist die an eine unbekannte Vielzahl von Personen gerichtete Aufforderung eines Arbeitgebers zu verstehen, sich auf die ausgeschriebene Stelle zu bewerben. Stellenausschreibungen sind deshalb - wie typische Willenserklärungen und Allgemeine Geschäftsbedingungen - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten der durchschnittlichen sich bewerbenden Person zugrunde zu legen sind.
Hiervon ausgehend kann die hier zu beurteilende Ausschreibung der Beklagten nur dahin gehend verstanden werden, dass sie sich an Menschen jedweden Geschlechts richten soll. Dies wird bei objektiver Betrachtung durch den Genderstern gerade zum Ausdruck gebracht. Der Genderstern drängt kein „drittes Geschlecht als Lückenbüßer zwischen Mann und Frau“. Ebenso wenig verleugnet er die Existenz zweigeschlechtlicher Menschen. Er symbolisiert nach allgemeinem Sprachgebrauch vielmehr alle Geschlechter. Durch die Verwendung des Gendersterns als symbolhaftes Sonderzeichen wird typischerweise mitgeteilt, dass sich die Ausschreibung an jede die Anforderungen erfüllende Person richtet und das Geschlecht - gleich welches - bei der Auswahlentscheidung keine Rolle spielen wird. Dieses geschlechterübergreifende Sprachverständnis wird bestätigt durch die Verwendung des Gendersterns durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die mit dem Genderstern verdeutlichte Irrelevanz des Geschlechts würde auch die Gruppe von Hermaphroditen erfassen, die „überhaupt keine Geschlechtsidentität“ aufweisen. Dabei ist ohne Belang, welche Herkunft der Genderstern hat und ob er von allen sprachwissenschaftlichen Autoritäten anerkannt wird. So ist beispielsweise die im August 2020 gefasste Position der Gesellschaft für deutsche Sprache e.V. zur Verwendung des „Gendersternchens“ kritisch in Bezug auf Orthografie und Grammatik. Solche Bedenken beeinflussen aber nicht das Verständnis des durchschnittlichen Adressatenkreises der Ausschreibung. Für diesen ist entscheidend, dass nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht nur Personen bestimmter Geschlechter angesprochen werden sollen.