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Mitbestimmung des Personalrats bei einer Befristung

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Dem Personalrat steht bei der Befristung eines Arbeitsvertrags ein Mitbestimmungsrecht nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG zustand. Die Vorschrift begründet ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf einen Aspekt der inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Der Personalrat ist dazu berufen, über die Befristungsvereinbarung „als solche“ mitzubestimmen und nicht (nur) über die damit verbundene Einstellung als „Realakt“.

Das geben bereits Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte von § 65 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 NPersVG vor. Während sich das in Nr. 4 der Vorschrift geregelte Mitbestimmungsrecht des Personalrats auf die „Befristung eines Arbeitsvertrages im Anschluss an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis“ bezieht, regelt Nr. 1 der Vorschrift die Beteiligung bei der „Einstellung, auch als Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages“. Bei letzterem Mitbestimmungstatbestand ist mit Art. 1 Nr. 20 Buchst. b Doppelbuchst. aa des (niedersächsischen) Gesetzes zur Änderung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2015 (Nds. GVBl. S. 393) die bis zum 31. Dezember 2015 geltende Vorgängerbestimmung des § 65 Abs. 2 Nr. 1 NPersVG dahingehend ergänzt worden, dass nach dem Wort „Einstellung“ ein Komma und die Worte „auch als Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages“ eingefügt worden sind.

Angesichts dieser - nach dem verlautbarten Willen des Landesgesetzgebers „klarstellenden“ (vgl. LT-Drs. 17/3759 S. 24) - Ergänzung entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung erscheint es fernliegend, dass mit Nr. 4 von § 65 Abs. 2 NPersVG lediglich der „Grundtatbestand“ von Nr. 1 von § 65 Abs. 2 NPersVG wiederholt ist. Der Personalrat bestimmt vielmehr nicht nur bei der Einstellung, sondern auch bei der „Befristung eines Arbeitsvertrags“ mit. Dabei erweitert § 105 Abs. 5 Satz 1 NPersVG ua. bei Lehrkräften für besondere Aufgaben das Mitbestimmungsrecht des Personalrats noch dahingehend, dass § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG auch für die erstmalige Befristung eines Arbeitsvertrags gilt.

Das auf die Befristung als vertragliche Abrede bezogene Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG entspricht dem klar erkennbaren Willen des Landesgesetzgebers. Ausweislich der Gesetzesmaterialien ist mit § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG ein „neuer“ Mitbestimmungstatbestand geregelt, der „Befristungsgründe und -dauer“ erfasst, um damit namentlich „Kettenbefristungen der Kontrolle des Personalrats“ zu unterstellen (vgl. LT-Drs. 17/3759 S. 24 f.; vgl. auch den schriftlichen Bericht zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften LT-Drs. 17/4824 S. 6). Insbesondere der Sachgrund einer Befristung soll damit Gegenstand der Beurteilung des Personalrats sein. Entsprechend greift nach § 105 Abs. 5 Satz 1 NPersVG die Mitbestimmung des § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG ua. bei Lehrkräften für besondere Aufgaben bereits bei der erstmaligen Befristung des Arbeitsvertrags, weil diese - nach gesetzgeberischer Verlautbarung - im Hochschulbereich als Personalmaßnahmen beim wissenschaftlichen/künstlerischen Mittelbau einen besonders hohen Stellenwert hätten, der eine (frühzeitige) Beteiligung des Personalrats im Hinblick auf die „unterschiedlichen und vielfältigen“ Befristungsgründe bereits bei Erstbefristung rechtfertige (vgl. LT-Drs. 17/3759 S. 36).

Hierzu führte das Gericht für den zu entscheidenden Fall aus:

Entgegen der Ansicht der Revision ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 5. Mai 2004 (Az: 7 AZR 629/03) zum Thüringer Personalvertretungsgesetz (ThürPersVG in der seinerzeit einschlägigen Fassung - aF -) nicht auf die hier einschlägige Regelung übertragbar. Das gilt ebenso für die auf dieses Urteil Bezug nehmende Senatsentscheidung vom 24. August 2011 (Az: 7 AZR 228/10) zu der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung des NPersVG.

Der Personalrat hatte nach § 75 Abs. 1 ThürPersVG aF eingeschränkt mitzubestimmen ua. bei der Einstellung von Angestellten (Nr. 1) und bei der Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse (Nr. 3). Für die Befristung von Arbeitsverhältnissen selbst sah das ThürPersVG aF ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nicht vor. Daraus hat der Senat geschlossen, dass sich das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 ThürPersVG aF nicht auf die Befristung des Arbeitsverhältnisses bezieht, sondern (allein) auf die mit der Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses verbundene Einstellung des Arbeitnehmers.

Dementsprechend hat der Senat zum Niedersächsischen Personalvertretungsgesetz vom 22. Januar 2007 (NPersVG aF, Nds. GVBl. S. 11) angenommen, das nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG aF bestehende Mitbestimmungsrecht des Personalrats „bei der Verlängerung befristeter Arbeitsverträge“ betreffe nicht die in einem Verlängerungsvertrag vereinbarte Befristung, sondern die damit verbundene Einstellung des Arbeitnehmers.

Nach Ansicht des Landesgesetzgebers bedurfte es der Regelung in § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG aF jedoch nicht mehr, da durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Bundesrecht klargestellt sei, dass die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses eine Einstellung darstelle (vgl. LT-Drs. 17/3759 S. 24). Entsprechend ist die frühere Regelung der Nr. 4 von § 65 Abs. 2 NPersVG aF nunmehr in Nr. 1 von § 65 Abs. 2 NPersVG klarstellend aufgenommen, während es sich bei § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG um einen neu geschaffenen Mitbestimmungstatbestand handelt. Zu letzterem verhalten sich die von der Revision herangezogenen Senatsentscheidungen nicht.

Danach unterlag die streitgegenständliche Befristung der Mitbestimmung des Personalrats nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG. Bei ihr handelt es sich um eine Befristung „im Anschluss an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis“ iSd. § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG. Nach dem Wortlaut der Norm sind jedenfalls diejenigen Fälle erfasst, bei denen ein befristetes Arbeitsverhältnis „im Anschluss“, also ohne zeitliche Unterbrechung an ein vorangegangenes befristetes Arbeitsverhältnis, geschlossen werden soll.


BAG, 01.06.2022 - Az: 7 AZR 232/21

ECLI:DE:BAG:2022:010622.U.7AZR232.21.0

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