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Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen nach dem Infektionsschutzgesetz

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 133 Minuten

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Klägerin war von 2008 bis 2020 in der Fleischverarbeitung sowie der Fleischkonservierung tätig.

Im Rahmen einer am 16. Juni 2020 durchgeführten Reihentestung stellte das Gesundheitsamt des Kreises Gütersloh bei 730 von 1.106 Abstrichen von in der „Zerlegung“ auf dem Werksgelände der Firma tätigen Mitarbeitern einen positiven Befund auf das Coronavirus SARS-CoV-2 fest.

Der Landrat des Kreises Gütersloh ordnete daraufhin am 17. Juni 2020 zunächst mündlich die Schließung des Betriebsstandortes der Unternehmensgruppe in Rheda-Wiedenbrück an. Unter dem 10. August 2020 bestätigte die Allgemeinverfügung zur Schließung des Betriebs der Unternehmensgruppe am Betriebsstandort schriftlich.

Mit Allgemeinverfügung zur fortbestehenden Schließung und den Voraussetzungen einer schrittweise möglichen Wiederaufnahme des Betriebs der Unternehmensgruppe am Betriebsstandort vom 2. Juli 2020 verfügte der Bürgermeister der Stadt Rheda-Wiedenbrück eine weitere Schließung bis zum 17. Juli 2020. Überdies wurden Regelungen zur schrittweisen Wiederaufnahme des Betriebs getroffen.

Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 18. Juni 2020 ordnete der Landrat des Kreises Gütersloh in Ziffer 1 die Absonderung in häusliche Quarantäne gegenüber allen im Betrieb der Firma in Rheda-Wiedenbrück in der Produktion tätigen Personen an. Ziffer 2 enthielt einen Ausnahmetatbestand für alle seit dem 16. Juni 2020 durch Beauftragte des Gesundheitsamtes negativ getesteten Personen, die auch bei Erhalt des Testergebnisses noch keinerlei Symptome aufwiesen. Gleichzeitig wurde der Fall geregelt, dass der Betroffene zwar negativ getestet worden ist, aber im Rahmen der Kontaktnachverfolgung als Kontaktperson der Kategorie 1 nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts ermittelt wurde. In diesem Fall sollte das Gesundheitsamt mitteilen, bis wann die Absonderung zu erfolgen hat.

Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 20. Juni 2020 hob der Landrat des Kreises Gütersloh die Allgemeinverfügung vom 18. Juni 2020 auf und ordnete für alle auf dem Betriebsgelände der Firma in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 2. Juli 2020, 24:00 Uhr, an. Zugleich erließ er Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personen die auf dem Gelände der Firma tätig waren. Die Produktion war von dieser Ausnahme nicht erfasst.

Außerdem ordnete das Gesundheitsamt der Stadt Hamm die Absonderung des Arbeitnehmers in häusliche Quarantäne vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 an.

Mit Allgemeinverfügung zum Schutz der Bevölkerung vor der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber im Betrieb der Firma am Standort tätigen und mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen durch Absonderung in häuslicher Quarantäne vom 1. Juli 2020 ordnete das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) ab dem 3. Juli 2020, 00:00 Uhr, gegenüber allen Personen, die im Zeitraum vom 3. Juni 2020 bis zum 17. Juni 2020 an mindestens einem Tag auf dem Betriebsgelände der Firma tätig waren, unabhängig davon, ob sie unmittelbar bei dieser Firma, einem Subunternehmer oder einer Leiharbeitsfirma angestellt sind oder für diese tätig waren, die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 17. Juli 2020, 24.00 Uhr an. Zugleich erließ das MAGS Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personengruppen, die auf dem Gelände der Firma tätig waren. Die Produktion war von dieser Ausnahme nicht erfasst. Die Absonder-ungsverpflichtung endete für Personen, die im Rahmen der seit dem 16. Juni 2020 durch Beauftragte des Gesundheitsamtes Gütersloh durchgeführten Testungen positiv getestet worden sind, frühestens 14 Tage nach labordiagnostischem Erstnachweis des Erregers zu dem Zeitpunkt, an dem die Person 48 Stunden symptomfrei ist.

Am 3. September 2020 beantragte die Klägerin die „Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen bei Verdienstausfall eines Arbeitnehmers auf Grund behördlich angeordneter Quarantäne (Absonderung) oder Tätigkeitsverbot nach § 56 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)“ für den Arbeitnehmer „B. C. “. Dazu erklärte sie u.a., dass der Arbeitnehmer sich aufgrund einer Anordnung des Gesundheitsamtes der Stadt Hamm vom 18. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 in Quarantäne befunden habe, er in diesem Zeitraum keinen genehmigten Urlaub gehabt habe, er nicht aufgrund eines kranken Kindes arbeitsbefreit gewesen sei und er in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB, auf Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, sonstige Zuschüsse, zusätzliches Einkommen aus Ersatztätigkeiten gehabt habe. Der Betrieb des Arbeitnehmers sei vom 18. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2021 geschlossen gewesen. Die Frage, ob der Arbeitnehmer während der Absonderung arbeitsunfähig krank gewesen sei, verneinte die Klägerin.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2021 lehnte der K. den Antrag auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Herrn B. C. ab. Zur Begründung führte der K. aus, dass die Klägerin beim Einsatz ihres Arbeitnehmers Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere Hygienevorgaben verletzt habe. Aus diesem Grund habe der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin, sodass ein Verdienstausfall i.S.v. § 56 Abs. 1 IfSG und damit ein entsprechender Erstattungsanspruch nicht vorlägen. Der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer eingesetzt gewesen sei, sei vom 16. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen gewesen. Ein Einsatz des Arbeitnehmers sei somit bereits aus betrieblichen Gründen nicht möglich gewesen. Im Zeitraum der Betriebsschließung habe bereits aus diesem Grund kein Verdienstausfall vorgelegen, da der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin gehabt habe, sodass ein möglicher Entschädigungsanspruch entfalle.

Die Klägerin hat am 3. März 2021 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, vorrangige Ansprüche, die einen Entschädigungsanspruch ausschlössen, lägen nicht vor. Insbesondere bestehe kein Lohnfortzahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG, da Herr C. nicht infolge Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei. Zwar sei er am 17. Juni 2010 positiv auf das Coronavirus getestet worden, er habe aber keine Symptome gehabt.

Auch die Voraussetzungen des § 616 Satz 1 BGB lägen nicht vor, da Herr C. über einen erheblichen Zeitraum abgesondert gewesen sei, insbesondere vor dem Hintergrund des Beginns der Beschäftigung erst am 2. September 2019. Ein nicht erheblicher Zeitraum seien nur wenige Tage, in Ansehung von § 2 PflegeZG allenfalls 10 Tage.

Der Anspruch sei insbesondere nicht wegen Verstößen gegen Gesundheits- und Arbeitsvorschriften oder Hygienevorgaben ausgeschlossen. Der Behördenakte lasse sich weder der vom K. behauptete Verstoß entnehmen, noch sei ersichtlich, dass die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Arbeitnehmers C. geprüft worden seien. Auch in den Begründungen der Allgemeinverfügungen über die Absonderung in häusliche Quarantäne seien keine Verstöße gegen Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften zum Zeitpunkt der Anordnung festgestellt worden. In der Verfügung des Kreises Gütersloh vom 18. Juni 2020 werde auf Seite 4 von einem „unklaren Ausbruchsgeschehen“ ausgegangen und nach den Ausführungen auf Seite 3 werde es nur als „sehr naheliegend“ erachtet, dass die infizierten Beschäftigten aus der Zerlegung der Firma weitere in der Produktion tätige Personen durch Kontakte am Arbeitsplatz, in der gemeinsamen Unterkunft oder auf dem gemeinsamen Transportweg infiziert hätten.

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