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Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 7 Minuten

Die 1957 geborene Klägerin, eine selbständige Unternehmerin, heiratete am 28. Januar 2006 einen 1953 geborenen Landesbeamten, der 24 Tage später, am 20. Februar 2006, an einem Bronchialkarzinom verstarb. Der Beklagte lehnte die Gewährung von Witwengeld mit der Argumentation ab, es handele sich um eine sogenannte Versorgungsehe. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG lägen vor, so dass es sich um eine sogenannte Versorgungsehe handele. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsabsicht sei auch nicht durch besondere, objektiv erkennbare Umstände, die einen anderen Zweck der Ehe mindestens wahrscheinlich machten, widerlegt.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer, diese Voraussetzungen darzulegen. Hieran fehlt es.

Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die erfolgte Änderung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Die Vorschrift sei durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 (BGBl. I S. 3926) dahingehend geändert worden, dass gegenüber ihrer vorherigen Fassung, nach der eine Ehedauer von weniger als drei Monaten die gesetzliche Vermutung ausgelöst habe, nun eine Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr dies bewirke. Diese Änderung begegne Bedenken in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG.

Diese von der Klägerin aufgeworfene Frage würde sich in einem Revisionsverfahren schon nicht stellen, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Denn auch nach der vorherigen Fassung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG wäre die gesetzliche Vermutung der Eheschließung in Versorgungsabsicht ausgelöst worden, weil die Ehe der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann nur 24 Tage bestand.

Die Klägerin will außerdem geklärt wissen, ob die von § 19 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG unterstellte Versorgungsabsicht ein Versorgungsbedürfnis voraussetzt.

Auch diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn der die Berufungsentscheidung tragende RechtsSatz 1autet: Die Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung des Beamten im Zeitpunkt der Eheschließung schließt die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG regelmäßig aus, es sei denn, dass sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstellt. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Im Urteil vom 18. April 1991 - Az: 2 C 7.90 - ist der Senat davon ausgegangen, dass die Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung des künftigen Ehepartners von entscheidender Bedeutung für die Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung ist, die Eheschließung diene hauptsächlich der Versorgung.

In dem damaligen Rechtsstreit war das Berufungsgericht zu dem Schluss gekommen, die gesetzliche Fiktion einer Versorgungsehe sei widerlegt, ohne hinreichend aufgeklärt zu haben, ob die Ehefrau des später verstorbenen Beamten von dessen lebensbedrohlicher Krankheit schon vor der Eheschließung Kenntnis hatte. Wegen dieses Aufklärungsmangels wurde das Berufungsurteil aufgehoben und an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Sei nämlich, so der Senat in der damaligen Entscheidung, davon auszugehen, dass der Ehegatte des verstorbenen Beamten von dessen lebensbedrohlicher Erkrankung Kenntnis gehabt habe, sei die Annahme des Berufungsgerichts hinfällig, die damalige Klägerin habe den Beamten nicht in Versorgungsabsicht geheiratet.

Im Übrigen stellt § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG für seine Anwendung offensichtlich nicht auf das Bestehen eines Versorgungsbedürfnisses ab. Die gegenteilige Rechtsansicht der Klägerin findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht dem Normzweck der Vorschrift. Sie hätte zur Folge, dass Versorgungsansprüche im Falle eines Versorgungsbedürfnisses ausgeschlossen wären, bei dessen Fehlen aber bestünden.


BVerwG, 19.01.2009 - Az: 2 B 14.08

Vorgehend: OVG Rheinland-Pfalz, 17.12.2007 - Az: 2 A 10800/07

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