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Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach italienischem Recht

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 75 Minuten

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Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen bedarf nur dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts gemäß § 85 SGB IX, wenn eine der Varianten des § 2 Abs. 2 SGB IX vorliegt und das Arbeitsverhältnis dem deutschen Vertragsstatut unterfällt.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der 1962 geborene Kläger war bei der Beklagten, einer Gesellschaft italienischen Rechts mit Sitz in Genua, seit Mai 2006 - zunächst als Second Engineer und dann als Chief Engineer - für den Einsatz an Bord von Kreuzfahrtschiffen beschäftigt. Bei Abschluss der in deutscher Sprache gehaltenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien wurde die Beklagte von ihrer Zweigniederlassung in Rostock vertreten. Diese war - neben der Beklagten - berechtigt, dem Kläger Weisungen im Rahmen seiner Einsätze auf den Schiffen zu erteilen. Die Parteien hatten die Geltung italienischen Rechts und bestimmter italienischer Tarifverträge sowie den Sitz der Beklagten als Gerichtsstand vereinbart. Diese entrichtete für den Kläger von der Bruttoheuer die Beiträge zur italienischen Sozialversicherung und führte für ihn in Italien nach den dortigen gesetzlichen Regelungen Lohnsteuer ab. Die Kreuzfahrtschiffe, auf denen der Kläger vertragsgemäß eingesetzt wurde, liefen allesamt unter italienischer Flagge.

Im Oktober 2009 trennte der Kläger sich bei einem Unfall im privaten Bereich einen Unterarm ab. Mit Wirkung ab Dezember 2009 wurde ihm ein Grad der Behinderung von 60 zuerkannt. Bis einschließlich zum 24. September 2010 legte er der Beklagten fortlaufend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.

Die Berufsgenossenschaft verweigerte dem Kläger unter Hinweis auf Ziff. 20 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Satz 2 der bis zum 20. August 2014 gültigen Seediensttauglichkeitsverordnung (SeeDTauglV) die Erteilung eines Seediensttauglichkeitszeugnisses. In einem von ihm angestrengten Eilverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht sie am 3. September 2010, dem Kläger für die Dauer eines Jahres, längstens jedoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit bestimmten Einschränkungen hinsichtlich der Zahl und Qualifikation der ihm unterstellten Besatzungsmitglieder ein solches Zeugnis zu erteilen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 22. September 2010 die Maßgaben zu seinen Gunsten geändert hatte, teilte der Kläger der Beklagten das Ergebnis der Eilverfahren mit Telefax vom 23. September 2010 mit.

Mit Schreiben vom 24. September 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien unter Zugrundelegung der in Art. 13 des Manteltarifvertrags für EU Mitarbeiter Deck und Maschine der AIDA Clubschiffe vom 20. August 2004 für Offiziere vorgesehenen Kündigungsfrist von 15 Tagen zum 10. Oktober 2010.

Unter dem 30. September 2010 erteilte die Berufsgenossenschaft dem Kläger ein bis zum 30. September 2011 befristetes Seediensttauglichkeitszeugnis.

Mit der vorliegenden, am 14. Oktober 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sich gegen die Kündigung gewandt. Er hat gemeint, sie sei sowohl nach dem deutschen Kündigungsschutzgesetz als auch nach italienischem Kündigungsrecht unwirksam. Dazu hat er behauptet, sein Hausarzt habe ihn - entsprechend einer Vereinbarung der Parteien - ausschließlich im Hinblick darauf krankgeschrieben, dass die Berufsgenossenschaft ihm ein Seediensttauglichkeitszeugnis verweigert habe. Aus ärztlicher Sicht hätten, nachdem - unstreitig - Ende Februar 2010 eine myoelektrische Prothese angepasst worden sei, keine Bedenken dagegen bestanden, dass er seine Tätigkeit als Chief Engineer wieder aufnehme. Mit der Kündigung habe die Beklagte sich widersprüchlich verhalten. Sie habe ihm zugesagt, ihn wieder zu beschäftigen, wenn die Berufsgenossenschaft ihm ein Seediensttauglichkeitszeugnis erteile. Die Kündigung stelle sich zudem als diskriminierend dar. Er sei wegen seiner Behinderung entlassen worden. Jedenfalls sei die Kündigung nichtig, weil sie ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts erklärt worden sei. § 85 SGB IX finde Anwendung. Bei ihrer Zweigniederlassung in Rostock handele es sich um einen Betrieb der Beklagten im räumlichen Geltungsbereich des BetrVG. Diesem inländischen Betrieb sei er ua. deshalb zugeordnet, weil von dort seine Einsätze geplant würden.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

1. festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2010 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat;

2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 10. Oktober 2010 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht;

3. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit einem der Feststellungsanträge die Beklagte vorbehaltlich der Erteilung eines Seediensttauglichkeitszeugnisses zu verurteilen, ihn als Chief Engineer in Vollzeit auf Kreuzfahrtschiffen zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Kündigung als wirksam verteidigt. Es gelte italienisches Recht. Der Kläger sei nicht wegen seiner Behinderung entlassen worden. Er könne seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen, weil ihm dauerhaft kein Seediensttauglichkeitszeugnis erteilt werden dürfe. Das Integrationsamt habe der Kündigung nicht zustimmen müssen.

Die Vorinstanzen haben, nachdem das Arbeitsgericht ein Sachverständigengutachten zum italienischen Recht eingeholt hatte, die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Begehren weiter.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Ob die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2010 wirksam ist, steht noch nicht fest. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

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