Bei einem Schmerzensgeldanspruch im Zusammenhang von
Arbeitsunfällen und der Reichweite des Haftungsprivilegs gemäß § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII ist die normative Abgrenzung zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Verhalten sowie die Frage, unter welchen Bedingungen ein
Arbeitgeber die Verletzungsfolgen eines Arbeitsunfalls im Sinne eines bedingten Vorsatzes als möglich erkennt und billigend in Kauf nimmt, entscheidend.
Personenschäden aus einem Arbeitsunfall unterfallen grundsätzlich dem Haftungsausschluss der gesetzlichen Unfallversicherung. § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII begrenzt die zivilrechtliche Haftung des Arbeitgebers auf Fälle vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls. Die Vorschrift erfasst sämtliche deliktischen Anspruchsgrundlagen einschließlich immaterieller Schäden (§§ 823, 847 BGB). Die Haftungsbeschränkung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfassungsgemäß ausgestaltet (vgl. BAG, 19.08.2004 - Az:
8 AZR 349/03; BAG, 10.10.2002 - Az: 8 AZR 103/02).
Der Vorsatz muss sowohl den Eintritt des Arbeitsunfalls als auch die konkreten Verletzungsfolgen umfassen. Bedingt vorsätzlich handelt nur, wer den Erfolgseintritt als möglich erkennt und diesen zumindest billigend in Kauf nimmt. Eine bloße Inkaufnahme allgemeiner Gefahren oder die Missachtung von Unfallverhütungsvorschriften genügt hierfür nicht (vgl. BAG, 10.10.2002 - Az: 8 AZR 103/02).
Im zu entscheidenden Fall war ein
Arbeitnehmer durch eine im Boden befindliche Öffnung in einen darunter liegenden Lagerkeller gestürzt und hatte sich schwer verletzt. Zwar war die Gefahrenquelle durch die Konstruktion des Raumfußbodens und das Arbeiten mit herausnehmbaren Gitterrosten objektiv erheblich. Auch bestand die Möglichkeit, dass Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten worden waren. Dennoch lagen keine objektiven Anhaltspunkte dafür vor, dass der Arbeitgeber den Eintritt des Unfalls oder gar die konkreten Verletzungsfolgen vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hatte. Weder war festgestellt, dass eine Anweisung zur Schaffung der Gefahrenstelle erteilt wurde, noch ergaben sich hinreichende Tatsachen für eine bewusste Inkaufnahme schwerer Personenschäden.
Damit lag keine vorsätzliche Herbeiführung im Sinne des § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII vor. Die Haftungsprivilegierung griff ein, sodass ein Anspruch auf Schmerzensgeld nicht besteht.