Die Verpflichtung, innerörtliche Geh- und Überwege für Fußgänger von Schnee und Eis zu räumen, besteht nicht uneingeschränkt; sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit, orientiert an der Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen.
Maßgeblich abzustellen ist auf die Sicherheitserwartungen des jeweiligen Fußgängers, d.h. ob dieser bei vernünftiger Erwartung mit der Sicherung des Gehweges rechnen durfte oder nicht. Dabei bestehen grundsätzlich höhere Anforderungen als im (sonstigen) Straßenverkehr. Jedoch besteht auch hier eine Beschränkung auf „verkehrswichtige“ Bereiche. Dieser Begriff ist jedoch nicht gleichbedeutend mit dem der Verkehrswichtigkeit bei Fahrbahnen.
Aus dem Kreis der zu räumenden/bestreuenden Gehflächen sind vielmehr nur die tatsächlich entbehrlichen Wege, für die kein echtes, jederzeit zu befriedigendes Verkehrsbedürfnis besteht, herauszunehmen. Andererseits muss grundsätzlich gewährleistet sein, dass auch zu Fuß jede Wohnung - auch von älteren und gebrechlichen Menschen - erreicht werden kann.
Ist allerdings bei nur sehr geringfügigem Verkehrsbedürfnis dem Geschädigten seine eigene Unachtsamkeit als maßgeblicher Verursachungsbeitrag vorzuwerfen, kann im Einzelfall dem Geschädigten die haftungsrechtliche Verantwortung für das Schadensereignis allein zukommen mit der Folge, dass dahinter eine Pflichtverletzung des Verkehrssicherungspflichtigen völlig zurücktritt.
Für die Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB kommt es daher entscheidend darauf an, ob das Verhalten des Schädigers (des Sicherungspflichtigen) oder das des Geschädigten selbst den Schadenseintritt nach den konkreten Umständen des Einzelfalls in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat.
Kommt dabei dem Verhalten des Geschädigten eine überragende Bedeutung für den Schadenseintritt zu, hat er u.U. auch allein für den (seinen) Schaden aufzukommen.