Klarheit über den Unterhalt verschafft eine anwaltliche ➠ UnterhaltsberechnungDie Ablehnung höherer Leistungen ohne Begrenzung auf einen Monat hat zur Folge, dass alle weiteres Änderungs- oder Ablehnungsbescheide, die den aktuellen Bewilligungszeitraum betreffen, Gegenstand des Klageverfahrens nach § 96 Abs. 1 SGG werden.
Hierzu führte das Gericht aus:
Gegenstand des Rechtsstreits sind (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum Oktober 2021 bis September 2022 unter Berücksichtigung der Kosten für die Reparatur des Pkw sowie für Einzelfahrten in Höhe von jeweils 20 EUR.
Der Beklagte hatte mit Bescheid vom 24.08.2021 in der Form des Änderungsbescheides Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum Oktober 2021 bis September 2022 bewilligt. Die Übernahme der Reparaturkosten für den Pkw wurde mit Bescheiden vom 26.11.2021 und 03.12.2021 abgelehnt. Der Inhalt eines Verwaltungsaktes ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln für Willenserklärungen zu ermitteln. Die Grundsätze der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind heranzuziehen. Maßgeblich ist, wie der Empfänger die Erklärung nach den Umständen des Einzelfalls verstehen musste (Empfängerhorizont), d.h. ob er sie als verbindliche hoheitliche Regelung erkennen konnte und wenn ja, mit welchem Regelungsgehalt. Aus Sicht eines objektiven Empfängers wurde mit den Bescheiden vom 26.11.2021 und 29.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2022 die Übernahme der Reparaturkosten für den laufenden Bewilligungszeitraum abgelehnt. Zwar ist in den Bescheiden vom 26.11.2021 und 29.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2022 kein Zeitraum ausdrücklich genannt. Ein verständiger Adressat kann aber nicht davon ausgehen, dass mit den gesonderten Ablehnungsbescheiden ein Kostenübernahmeanspruch für alle Zeiträume abgelehnt werden soll. Im Ergebnis kann die Ablehnung nur als Ablehnung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den laufenden Bewilligungszeitraum angesehen werden. Da eine Beschränkung auf einen bestimmten Monat nicht erfolgt ist, bezieht sich die Ablehnung auf den gesamten Bewilligungszeitraum von Oktober 2021 bis September 2022. Zu einer Ablehnung für alle Zeiten wäre der Beklagte ohne Kenntnis der konkreten Höhe oder des Zeitpunkts der Entstehung des geltend gemachten Bedarfs und wegen der in § 41 Abs. 3 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Leistungsbewilligung auch nicht berechtigt gewesen. Eine ablehnende Behördenentscheidung über einen Mehrbedarf entfaltet keine Bindungswirkung für künftige Bewilligungsabschnitte.
Diese Ablehnung höherer Leistungen für den gesamten damals aktuellen Bewilligungszeitraum hat zur Folge, dass alle weiteren Änderungs- bzw. Ablehnungsbescheide, die den Zeitraum Oktober 2021 bis September 2022 betreffen, Gegenstand des Gerichtsverfahrens S 11 AS 62/22 geworden sind. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer dann, wenn er denselben Streitgegenstand wie der ursprüngliche Bescheid betrifft oder in dessen Regelung eingreift und dadurch die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 14. Auflage 2023, § 96 Rn. 4). Der neue Verwaltungsakt muss zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen sein, nicht notwendig zu den gleichen Rechtsgrundlagen. Die nachfolgenden Bescheide ersetzen die Bescheide vom 26.11.2021 und 29.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2022. Streitgegenständlich sind damit nur noch die letzten, den gesamten Bewilligungszeitraum betreffenden und höhere Leistungen bewilligenden Änderungsbescheide, mithin der Bescheid vom 25.04. 2022 in der Fassung des Bescheides vom 03.05.2022. Letztlich geht es um einen Höhenstreit für den Zeitraum Oktober 2021 bis September 2022. Ob es sich dabei grundsätzlich um (teilweise) abtrennbare Streitgegenstände handelt, kann aus den vorgenannten Gründen dahinstehen, da sie jedenfalls sämtlich den laufenden Bewilligungszeitraum betreffen.
Der Kläger verfolgt sein Begehren zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger zuletzt höhere Zuschussleistungen begehrt, nachdem die darlehensweise Gewährung im Antrag nicht mehr enthalten war.
Als Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen kommen die §§ 19 ff. iVm §§ 7 ff. SGB II und hier ausgehend vom Leistungsbegehren des Klägers der Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II in Betracht. In diesem Zusammenhang kommen sowohl die Reparaturkosten als auch die Zahlungen für die einzelnen Fahrten in Höhe von jeweils 20 EUR in Betracht.
Der Kläger erfüllte im Zeitraum Oktober 2021 bis September 2022 die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II; ein Ausschlusstatbestand lag nicht vor.
Der Kläger hat neben dem ihm für diesen Zeitraum bewilligten Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II.
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