Die Gefahr einer Ansteckung mit einer gefährlichen Krankheit ist grundsätzlich geeignet, einen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand darzustellen. Das Vorliegen einer amtlichen Reisewarnung wird als starkes Indiz für einen außergewöhnlichen Umstand angesehen. Im Lichte von Erwägungsgrund 31 S. 3 Pauschalreise-RL 2015/2302/EU ist ein Ausbruch der Pandemie am Zielort als außergewöhnlicher Umstand zu qualifizieren.
Entscheidend ist, ob zum Zeitpunkt der
Rücktrittserklärung eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit für das Auftreten erheblicher Beeinträchtigungen am Bestimmungsort (ggf. auch an Orten der Durchreise) im Reisezeitraum besteht.
Eine zur Kündigung berechtigende erhebliche Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn es zwar überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Gefährdung nicht eintritt, aber gewisse, nicht fernliegende und von der Hand zu weisende, objektive und nicht nur auf Ängsten des Kündigenden beruhende Umstände für den gegenteiligen Geschehensablauf sprechen.
Im Ergebnis muss eine am Einzelfall orientierte Prognoseentscheidung erfolgen, welche die im Rücktrittszeitpunkt bekannten Umstände einbezieht.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Reisevertrag.
Am 03.02.2020 schlossen die Parteien einen Vertrag über eine Sprachreise der Tochter der Beklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden nur: Beklagte). Diese sollte einen fünfmonatigen Gastschulaufenthalt bei einer Gastfamilie in Kanada verbringen, beginnend ab 01.09.2020 bis 31.01.2021 zu einem Gesamtpreis von 8.900,00 Euro. Mit E-Mail vom 18.04.2020 traten die Beklagten unter Bezugnahme auf unvermeidbare außergewöhnliche Umstände wegen der inzwischen weltweit ausgebrochenen Covid19-Pandemie zurück.
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