Bei der
veterinärmedizinischen Behandlung finden bei einem groben Behandlungsfehler die für die humanmedizinische Behandlung entwickelten Grundsätze zur Beweislastumkehr Anwendung (vgl. BGH, 10.05.2016 - Az:
VI ZR 247/15).
Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, dass der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen oder zumindest mit zu verursachen; nahelegen oder wahrscheinlich machen muss der Fehler den Schaden hingegen nicht. Eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite ist nur ausnahmsweise ausgeschlossen, so, wenn jeglicher haftungsbegründende Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist oder wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen lässt. Das Vorliegen einer derartigen Ausnahmesituation hat die Behandlungsseite zu beweisen (vgl. BGH, 24.05.2022 - Az: VI ZR 206/21).
Die Grundsätze über die Beweislastumkehr für den Kausalitätsbeweis bei groben Behandlungsfehlern finden allerdings grundsätzlich nur Anwendung, soweit durch den Fehler des Arztes unmittelbar verursachte haftungsbegründende Gesundheitsverletzungen (Primärverletzungen) in Frage stehen. Für den Kausalitätsnachweis für Folgeschäden (Sekundärverletzungen), die erst durch die infolge des Behandlungsfehlers eingetretene Gesundheitsverletzung entstanden sein sollen, gelten sie nur dann, wenn die Sekundärverletzung eine typische Folge der Primärverletzung ist (vgl. BGH, 05.11.2013 - Az: VI ZR 527/12).
Die haftungsbegründende Kausalität betrifft den Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und der Rechtsgutsverletzung, d.h. dem ersten Verletzungserfolg im Sinne einer Belastung der gesundheitlichen Befindlichkeit (Primärverletzung). Dagegen bezieht sich die haftungsausfüllende Kausalität auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Rechtsgutsverletzung und weiteren Gesundheitsschäden. Dementsprechend können geltend gemachte Beeinträchtigungen der gesundheitlichen Befindlichkeit von vornherein nur dann als Sekundärverletzungen qualifiziert werden, wenn eine haftungsbegründende, d.h. durch das Handeln des Schädigers verursachte Primärverletzung unstreitig oder festgestellt ist (vgl. BGH, 02.07.2024 - Az: VI ZR 363/23).