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Reitbeteiligung: Rechte, Pflichten und Haftungrisiken

Pferderecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

Eine Reitbeteiligung bietet Pferdefreunden die Möglichkeit, ein Pferd regelmäßig zu nutzen, ohne die volle Verantwortung und die Kosten eines eigenen Tieres tragen zu müssen. Der Pferdebesitzer wiederum erhält Unterstützung bei der Bewegung und Pflege des Pferdes sowie oft eine finanzielle Beteiligung an den laufenden Kosten. Rechtlich gesehen räumt der Besitzer dem Dritten ein temporäres Nutzungsrecht am Pferd ein. Es handelt sich hierbei nicht um eine Miete oder Pacht, sondern um eine schuldrechtliche Beziehung. Wichtig ist, dass das Pferd im alleinigen Eigentum des Besitzers verbleibt; es entsteht keine Eigentümergemeinschaft.

Schriftliche Vereinbarungen schützen

Solange das Miteinander reibungslos funktioniert, erscheint ein Vertrag vielen Beteiligten überflüssig. Diese Einschätzung ändert sich jedoch schlagartig, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten oder gar zu einem Schadensfall kommt. Ein schriftlicher Vertrag dient dem Schutz beider Parteien und schafft Klarheit über die gegenseitigen Rechte und Pflichten.

Zwar sind auch mündliche Verträge grundsätzlich wirksam, im Streitfall scheitern sie jedoch oft an Beweisproblemen. Da es keine speziellen gesetzlichen Vorgaben für Reitbeteiligungsverträge gibt, genießen die Parteien weitgehende Vertragsfreiheit. Diese Freiheit sollte genutzt werden, um die Vereinbarung so detailliert wie möglich zu gestalten.

Inhaltlich sollte der Vertrag den genauen Umfang der Nutzung regeln, sowohl zeitlich als auch inhaltlich. Es empfiehlt sich festzulegen, an welchen Tagen die Reitbeteiligung das Pferd nutzen darf und welche Art der Nutzung gestattet ist. So können beispielsweise gefährliche Aktivitäten oder die Teilnahme an Turnieren untersagt werden. Ebenso sollten die finanziellen Konditionen, also die Höhe der Kostenbeteiligung, fixiert werden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verteilung von Aufgaben, wie das Ausmisten, die Fütterung, der Weidegang oder sonstige Reinigungsarbeiten.Haftung des Tierhalters

Grundsätzlich haftet der Besitzer des Pferdes als Tierhalter für sämtliche Schäden, die durch das Tier verursacht werden. Diese sogenannte Gefährdungshaftung, geregelt in § 833 Satz 1 BGB, greift unabhängig von einem Verschulden des Halters. Sie umfasst Personen-, Sach- und Vermögensschäden. Diese Haftung besteht auch dann fort, wenn der Schaden eintritt, während die Reitbeteiligung das Pferd nutzt. Verwirklicht sich die typische Tiergefahr – etwa, weil das Pferd erschrickt, durchgeht oder stürzt – haftet der Halter (LG Saarbrücken, 11.04.2024 - Az: 13 S 74/23; LG Würzburg, 04.05.2020 - Az: 14 O 1455/19). Ausreichender Versicherungsschutz ist für den Tierhalter daher unerlässlich.

Haftung der Reitbeteiligung selbst

Die Reitbeteiligung ist rechtlich differenziert zu betrachten. Es handelt sich in der Regel nicht um einen bloßen „Fremdreiter“, der das Pferd nur gelegentlich nutzt. Durch die regelmäßige und eigenverantwortliche Nutzung des Tieres kann die Reitbeteiligung haftungsrechtlich einem Tierhalter gleichgestellt werden, zumindest im Hinblick auf die Haftung gegenüber Dritten. In jedem Fall wird die Reitbeteiligung als Tierhüter im Sinne des § 834 BGB angesehen und trägt das damit verbundene Haftungsrisiko.

Darüber hinaus haftet die Reitbeteiligung selbstverständlich für Schäden, die sie vorsätzlich oder fahrlässig herbeiführt. Dies betrifft beispielsweise Fälle, in denen das Pferd vertragswidrig eingesetzt wird oder die übliche Sorgfalt im Umgang mit dem Tier missachtet wird. Der hierdurch entstehende Schaden ist dem Besitzer zu ersetzen.

Haftungsregelungen im Reitbeteiligungsvertrag aufnehmen!

Aufgrund der weitreichenden Gefährdungshaftung des Halters werden in Reitbeteiligungsverträgen häufig Haftungsregelungen oder Haftungsverzichtserklärungen aufgenommen. Ziel ist es, das Risiko des Eigentümers zu minimieren, insbesondere für den Fall, dass kein Versicherungsschutz besteht oder die Versicherungssumme überschritten wird. Die Wirksamkeit solcher Klauseln hängt stark von der konkreten Ausgestaltung ab.

Grenzen der vertraglichen Haftungsbeschränkung

Die Rechtsprechung unterscheidet streng zwischen individuell ausgehandelten Vereinbarungen (Individualvereinbarungen) und vorformulierten Vertragsklauseln (Allgemeine Geschäftsbedingungen, AGB). Viele Reitbeteiligungsverträge, insbesondere Mustervorlagen, unterfallen der strengen AGB-Kontrolle.

Das Landgericht Saarbrücken (Urteil vom 11.04.2024 - Az: 13 S 74/23) erklärte eine typische Haftungsausschlussklausel in einem Reitbeteiligungsvertrag für unwirksam. Die Klausel verstieß gegen § 309 Nr. 7 lit. a) BGB, da sie versuchte, die Haftung für Körper- und Gesundheitsschäden, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders (Tierhalters) beruhen, auszuschließen. Ein solcher Ausschluss ist in AGB unzulässig. Ebenso unwirksam war der Ausschluss für sonstige Schäden, die auf grober Fahrlässigkeit beruhen, was einen Verstoß gegen § 309 Nr. 7 lit. b) BGB darstellt. Das Gericht stellte klar, dass ältere Urteile, die solche Klauseln gebilligt hatten, sich auf Individualvereinbarungen bezogen, für die diese strengen Verbote nicht gelten.

Stillschweigender Haftungsausschluss

Unabhängig von ausdrücklichen Klauseln diskutieren Gerichte immer wieder einen stillschweigenden (konkludenten) Haftungsausschluss. Das Oberlandesgericht Nürnberg (Urteil vom 27.06.2011 - Az: 8 U 510/11) vertrat die Auffassung, dass bei einer auf längere Zeit angelegten Reitbeteiligung, bei der die Nutzung eigenständig erfolgt, von einem solchen stillschweigenden Verzicht auf die Gefährdungshaftung des Halters auszugehen sei. Die Reitbeteiligung übernehme das Pferd in eigener Verantwortung und trage das Risiko wie ein Tierhalter selbst. Sie agiere quasi als „Tierhalter auf Zeit“. Dies gelte insbesondere, wenn die Beziehung durch das gemeinsame Hobby und nicht primär geschäftlich geprägt sei, was sich etwa in einer geringen Kostenbeteiligung zeigen kann.

Andere Gerichte sehen dies restriktiver. Das Landgericht Würzburg (Urteil vom 04.05.2020 - Az: 14 O 1455/19) betonte, dass ein konkludenter Haftungsausschluss nur im Ausnahmefall anzunehmen sei. Bei der Prüfung sei zu berücksichtigen, ob der Tierhalter haftpflichtversichert ist. Eine Haftungsbeschränkung, die im Ergebnis nicht den Schädiger (Halter), sondern lediglich dessen Haftpflichtversicherer entlastet, entspreche in der Regel nicht dem Willen der Beteiligten.

Handeln auf eigene Gefahr und das Mitverschulden

Tierhalter wenden bei Unfällen der Reitbeteiligung oft ein, diese habe „auf eigene Gefahr“ gehandelt. Dieser Einwand greift jedoch nur in eng begrenzten Ausnahmefällen. Ein Haftungsausschluss wegen Handelns auf eigene Gefahr setzt voraus, dass der Geschädigte sich bewusst einer besonderen Gefahr aussetzt, die über die normalerweise mit dem Reiten verbundene Gefahr hinausgeht (LG Saarbrücken, 11.04.2024 - Az: 13 S 74/23; LG Würzburg, 04.05.2020 - Az: 14 O 1455/19). War das Pferd als zuverlässig bekannt und der Unfall geschah unvorhersehbar, kann von einer solchen bewussten Risikoübernahme nicht ausgegangen werden.

Auch ein Mitverschulden der Reitbeteiligung nach § 254 BGB kann die Haftung des Halters mindern. Die Darlegungs- und Beweislast für ein solches Mitverschulden trägt jedoch der Tierhalter. Kann der Reiter nachweisen, dass er auf die plötzliche Bewegung des Pferdes (z.B. Erschrecken) nicht mehr reagieren konnte, liegt kein Mitverschulden vor. Interessant ist die Feststellung des LG Würzburg, dass das Nichttragen eines sogenannten Reitpanzers (Sicherheitsweste) kein Mitverschulden begründet, da kein allgemeines Verkehrsbewusstsein feststellbar sei, dass ein solcher beim Reiten zwingend zu tragen ist.

Für ausreichenden Versicherungsschutz sorgen!

Die dargestellten Haftungsfragen zeigen deutlich, dass ein sorgfältig geprüfter Versicherungsschutz notwendig ist.

Bei der gelegentlichen Nutzung eines Privatpferdes durch einen Dritten ist das Risiko überschaubar, da die Tierhalterhaftpflichtversicherung das sogenannte Fremdreiterrisko oftmals mit einschließt. Aber bereits bei regelmäßiger unentgeltlicher Nutzung des Tieres durch Dritte bietet nicht jede Versicherung eine Risikoabsicherung.

Bei einer Reitbeteiligung handelt es sich zwar auch um eine regelmäßige Nutzung aber nicht um einen Fremdreiter. Der Reiter einer Reitbeteiligung wird ggf. haftungsrechtlich dem Tierhalter gleichgestellt. Dies betrifft die Haftung gegenüber Dritten. In jedem Fall ist der Reiter aber Tierhüter und trägt das entsprechende Haftungsrisiko.

Der Versicherungsschutz sollte also das Fremdreiterrisiko, die Tierhüter- und ggf. die Mithaltereigenschaft mit umfassen.

Zusätzlich ist grundsätzlich eine private Haftpflichtversicherung, die das Reitrisiko einschließt, zu empfehlen. Diese schützt in Fällen, in denen beim Reiten oder Umgang mit dem Pferd Dritte geschädigt werden, ohne dass sich die typische Tiergefahr realisiert hat, sondern in denen der Schaden auf ein fahrlässiges Verhalten des Reiters zurückzuführen ist.

Besonderheiten bei minderjährigen Reitern

Ein Reiter zwischen dem siebten und 18. Lebensjahr haftet, wenn er bei „Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat" (§ 828 BGB - Einsichtsfähigkeit). Über eine entsprechende Bewertung kann im Schadensfall  vortrefflich gestritten werden. Daher sollte ganz besonders intensiv und nachprüfbar über mögliche Gefahren, die aus der Reitbeteiligung und Nutzung des Pferdes herrühren aufgeklärt werden. Dies zu vermitteln ist Aufgabe der Erziehungsberechtigten, die auch eine entsprechende Haftungsbeschränkung unterzeichnen müssen.

Zulässig wäre es auch, die Eltern als Bürgen für Schäden am Tier zu verpflichten.

Bei Minderjährigen ist zu beachten, dass einem etwaiger Haftungsausschluss auch die Erziehungsberechtigten zustimmen müssen um wirksam zu sein.
Stand: 25.10.2025
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