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Fensterrechtliche Ansprüche von Nachbarn

Mietrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

Gemäß Art. 43 Abs. 1 Satz 1 AGBGB kann der Eigentümer eines bebauten Grundstücks verlangen, dass Fenster (und andere Lichtöffnungen, Art. 43 Abs. 2 AGBGB), die sich weniger als 0,6 m von der Grundstücksgrenze entfernt auf einem Nachbargrundstück befinden, „so eingerichtet werden, daß bis zur Höhe von 1,80 m über dem hinter ihnen befindlichen Boden weder das Öffnen noch das Durchblicken möglich ist“. Diese landesnachbarrechtliche Bestimmung besteht gemäß Art. 124 Satz 1 EGBGB neben den bundesgesetzlichen Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und regelt zusammen mit diesen und weiteren Normen des Landesnachbarrechts auf gesetzlicher Ebene einen ins Einzelne gehenden Ausgleich der Rechte und Pflichten von Eigentümern benachbarter Grundstücke.

Die mit Art. 43 Abs. 1 Satz 1 AGBGB wortlautgleiche Bestimmung des Art. 62 Satz 1 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 9. Juni 1899 (im Folgenden: AGBGB a. F.), die durch die mit Wirkung vom 1. Januar 1983 erfolgte Neufassung des AGBGB auch nach dem Willen des Gesetzgebers keine Änderung erfahren sollte (vgl. LT-Drs. 9/10458, S. 22 zu 3), hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 1958 (Az: Vf. 42-VII-57) dahingehend ausgelegt, dass sie ausschließlich kippweise nach innen zu öffnenden Fenstern nicht entgegensteht, sofern dadurch die Zwecke der Vorschrift (Schutz des Nachbarn gegen das Auswerfen von Sachen und das Ausgießen von Flüssigkeiten sowie gegen den Einblick aus allzu großer Nähe) nicht vereitelt werden; in dieser Auslegung hat der Verfassungsgerichtshof Art. 62 Satz 1 AGBGB a. F. in der genannten Entscheidung für verfassungsgemäß erachtet. Am 14. Dezember 2011 hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof Art. 43 AGBGB in der soeben dargelegten einschränkenden Auslegung als verfassungskonform angesehen (Az: Vf. 108-VI-10); dass der Gesetzgeber den in Art. 43 AGBGB vorgesehenen ‒ mit Blick auf die Vorschriften des öffentlichen Baurechts nur selten zum Tragen kommenden ‒ Mindestschutz gewährleiste, sei unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.

Die Möglichkeit, die Ansprüche aus Art. 43 Abs. 1 Satz 1 AGBGB im Einzelfall in Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu versagen, beschränkt sich nach einer Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 13. April 2015 (Az: Vf. 66-VI-14) auf Ausnahmefälle, deren Besonderheit einen über die gesetzliche Regelung hinausgehenden billigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheinen lässt. Dabei bezieht sich der Bayerische Verfassungsgerichtshof auf das bereits genannte Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 2. Juli 1990 (BayObLG, 02.07.1990 - Az: 1 Z 285/89), welches im Zusammenhang mit dieser Aussage darauf hingewiesen hatte, dass „die Rechte und Pflichten der Grundstücksnachbarn bereits durch das Gesetz, insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB, eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren haben“.

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