Insolvenzanfechtungsrechtlich kommt es nicht auf die Erfüllung der Forderung im Valutaverhältnis an, sondern darauf, wann der Schuldner endgültig verfügt und wann der Zahlungsempfänger eine gesicherte Rechtsposition erlangt hat. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der vorbehaltlosen Einlösung der Lastschrift durch die Schuldnerbank.
Die Belastung des Schuldnerkontos wird erst dann wirksam, wenn die Lastschrift von der Schuldnerbank eingelöst wird. Unter welchen Voraussetzungen ein Zahlungsdienstleister eine Lastschrift als eingelöst ansieht, kann im Zahlungsdiensterahmenvertrag gesondert geregelt werden. Vor Ablauf der Stornierungsfrist von zwei Tagen ist eine SEPA-Lastschrift nicht vorbehaltlos eingelöst.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist Sachwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der W.GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin unterhielt ein Konto bei der Bank AG (fortan: Schuldnerbank). Sie hatte dem Beklagten ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Schuldnerbank hieß es in Abschnitt 9 unter der Überschrift „Einzugsaufträge“:
„(1) Erteilung von Vorbehaltsgutschriften bei der Einreichung
Schreibt die Bank den Gegenwert von Schecks und Lastschriften schon vor ihrer Einlösung gut, geschieht dies unter dem Vorbehalt ihrer Einlösung, und zwar auch dann, wenn diese bei der Bank selbst zahlbar sind. … Werden Schecks oder Lastschriften nicht eingelöst …, macht die Bank die Vorbehaltsgutschrift rückgängig. Dies geschieht unabhängig davon, ob in der Zwischenzeit ein Rechnungsabschluss erteilt wurde.
(2) Einlösung von Lastschriften und vom Kunden ausgestellter Schecks
Lastschriften sowie Schecks sind eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag - bei SEPA-Firmenlastschriften nicht spätestens am dritten Bankarbeitstag - nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. …“
Am 12. November 2019 zog der Beklagte die Lohnsteuer für Oktober 2019 in Höhe von 92.248,98 € ein. Die Belastung des Kontos der Schuldnerin und die Wertstellung auf dem Konto des Beklagten erfolgten am 14. November 2019. Ebenfalls am 14. November 2019 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen und die Anordnung der Eigenverwaltung. Noch am selben Tag ordnete das Insolvenzgericht die vorläufige Eigenverwaltung an. Am 15. November 2019, einem Freitag, um 11.01 Uhr unterrichtete die Schuldnerin den Beklagten per Fax von dem Eröffnungsantrag. Am 1. Februar 2020 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet.
Der Kläger verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückgewähr von 92.248,98 € nebst Zinsen. Er meint unter Bezugnahme auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Schuldnerbank, die Lastschrift sei erst am 18. November 2019, am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme, wirksam geworden, damit nach der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung und nach der Kenntnis des Beklagten hiervon. Der Beklagte hat eingewandt, die Schuldnerbank habe bereits am 12. November 2019 eine Vordisposition getroffen, nachdem es eine Anforderung der Leitbank gegeben habe, den streitgegenständlichen Betrag auszuzahlen. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.
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