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Verbraucherwiderruf kann rechtsmissbräuchlich sein!

Firmen / Gewerbe | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Es ist es weder nach Unionsrecht noch nach nationalem Recht ausgeschlossen, der Ausübung des auf der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU beruhenden Verbraucherwiderrufsrechts gemäß § 355 Abs. 1 BGB im Einzelfall den Einwand des Rechtsmissbrauchs und damit den Einwand der Treuwidrigkeit gemäß § 242 BGB entgegenzuhalten.

Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Es setzt der Rechtsausübung dort Schranken, wo sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt. Insbesondere muss § 242 BGB dann in Betracht gezogen werden, wenn die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften einen im Einzelfall bestehenden Interessenkonflikt nicht hinreichend zu erfassen vermag und für einen der Beteiligten ein unzumutbar unbilliges Ergebnis zur Folge hätte. Dagegen berechtigt § 242 BGB nicht zu einer reinen Billigkeitsjustiz. Gründe der Rechtssicherheit verbieten es vielmehr, Vorschriften des zwingenden Rechts unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben auch dort anzutasten, wo besondere gesetzliche Regelungen den Interessenkonflikten bereits Rechnung tragen.

Soll einem Verbraucher wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens die Berufung auf Bestimmungen des Unionsrechts verwehrt werden, müssen die nationalen Gerichte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ferner sicherstellen, dass die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes nicht beeinträchtigt wird.

Hiervon ausgehend kommt ein Ausschluss des Verbraucherwiderrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB nur ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer, in Betracht. Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass bereits das gesetzliche Regelungsgefüge zum Verbraucherwiderrufsrecht die als schutzwürdig erkannten Interessen sowohl des Verbrauchers auf der einen als auch des Unternehmers auf der anderen Seite berücksichtigt. Die darin liegenden gesetzlichen Wertungen dürfen nicht durch die Anwendung von § 242 BGB umgangen werden. Auch darf der Sinn des Widerrufsrechts, der darin besteht, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben, bei der Anwendung des § 242 BGB nicht aus dem Blick geraten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet eine vorrangige Schutzwürdigkeit des Unternehmers, die den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen könnte, aus, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht in der gebotenen Weise über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Die Anforderungen an die gebotene Belehrung im Fall eines Widerrufsrechts des Verbrauchers gemäß § 355 Abs. 1, § 312g Abs. 1 BGB ergeben sich aus Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB. Diese Vorschrift regelt in Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben gemäß der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU den gesetzlichen Mindestinhalt einer Widerrufsbelehrung. Danach ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular aus der Anlage 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zu informieren. Die gesetzlichen Informationspflichten dienen dem vom nationalen Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU verfolgten Zweck, dem Verbraucher eine ungehinderte Ausübung des Widerrufsrechts zu ermöglichen. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses ohne Schwierigkeiten wirksam auszuüben. Das Muster-Widerrufsformular bezweckt dabei unter anderem die Vereinfachung des Widerrufsverfahrens für den Verbraucher.


BGH, 20.02.2025 - Az: VII ZR 133/24

ECLI:DE:BGH:2025:200225UVIIZR133.24.0

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