Es kann im Ergebnis auch offen bleiben, ob der Ukraine Krieg und seine wirtschaftlichen Folgen für die Bundesrepublik Deutschland eine Störung der sog. „großen Geschäftsgrundlage“ darstellt. Dies mag denkbar sein, da die damit einhergehende Inflation und Preissteigerung vor allem für Rohstoffe und Energie in der jüngeren Geschichte offenkundig beispiellos sind. Allerdings ist hierfür eine Erschütterung des Sozialexistenz erforderlich, die aber dann nicht gegeben ist, wenn in einem anderen Land Krieg herrscht oder sich eine Katastrophe ereignet und es deshalb zu einer Leistungserschwerung oder -unmöglichkeit in Deutschland kommt. Dies ist wohl der Fall. Der Krieg mag in der Ukraine die Sozialexistenz treffen und für grenzenloses humanitäres Leid sorgen. Hier in Deutschland aber treffen die Parteien glücklicherweise allein wirtschaftliche Folgen aus dem Krieg in einem anderen Land. Wirtschaftlichen Folgen aber von Kriegen, Krisen und Katastrophen, die das Vermögen einer Partei treffen, sind nicht im Rahmen der Störung der Geschäftsgrundlage zu berücksichtigen.
Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt nämlich noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung ein sog. normatives Element. Dadurch kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist. Dabei verbietet sich bei der Prüfung, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, eine pauschale Betrachtungsweise. Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände des Einzelfalls.
Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt sogar in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt.
Die Anpassung der Miete kommt schon deshalb nicht in Betracht, da der Inhalt des Mietvertrages durch die Kriegsfolgen schlichtweg nicht wesentlich beeinträchtigt ist. Deshalb kann auch das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zu einem untragbaren Ergebnis führen. Es bleibt nämlich dabei, dass für die Mieter lediglich die Chance, mit dem Mietobjekt – über diverse Zwischenschritte – Gewinne erzielen zu können, beeinträchtigt wäre. Dieses Risiko ist dem gewerblichen Mieterin allerdings hier wie auch sonst im marktwirtschaftlichen System allein zuzumuten. Ein Vermieter ist nicht am geschäftlichen Misserfolg der Mieter zu beteiligen. Schließlich trägt der Vermieter seinerseits erhebliche Risiken, wenn der Mieter infolge seiner Erfolglosigkeit ein Insolvenzverfahren eröffnen muss. Diese systematische und gesetzlich klar verankerte Risikoverteilung kann vorliegend nicht unterwandert werden.