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Versicherungsschutz bei Schließung eines Restaurantbetriebs aufgrund des Covid-Erregers

Firmen / Gewerbe | Lesezeit: ca. 38 Minuten

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung.

Zwischen den Parteien des Rechtsstreits besteht eine Betriebsschließungs-Pauschalversicherung. Der Versicherungsschein führt auf Seite 4 aus: „Versicherte Schäden: Schäden infolge Schließung, Desinfektion und Tätigkeitsverboten; Schäden an Vorräten und Waren sowie Ermittlungs- und Beobachtungsmaßnahmen“. Die Versicherungssumme beläuft sich auf 500.000 €.

Versicherungsort ist das von der Klägerin betriebene Restaurant „B.“ in M., Schleswig-Holstein. Vertragsgrundlagen sind neben dem Versicherungsschein die Bedingungen für die Betriebsschließungs-Pauschalversicherung Gewerbe (BBSG 12) sowie die verbundenen Bedingungen für die Inhaltsversicherung Gewerbe (VBIG 12). In der Kundeninformation für die Betriebsschließungs-Pauschalversicherung Gewerbe heißt es unter Ziffer 2:

„Die Versicherung bietet Schutz vor den finanziellen Folgen von behördlichen Anordnungen, die durch das Infektionsschutzgesetz bedingt sind.“

Sodann erfolgt ein Verweis auf die vorgenannten Versicherungsbedingungen; Ziffer 3 der BBSG 12 lautet u.a. wie folgt:

„3 Versicherte Gefahren und Schäden

3.1 Behördliche Anordnungen zu Schließung, Desinfektion und Tätigkeitsverboten

Der Versicherer leistet bis zu den in Ziffer 9 genannten Entschädigungsgrenzen Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Ziffer 3.4)

3.1.1 den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen nach Ziffer 3.4 ganz oder teilweise schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebs oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt (Schließung) …

3.4 Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger, ausgenommen sind jedoch humane spongiforme Enzephalopathien nach § 6 (1) 1.d) IfSG. …“

Nach Ziffer 8.1 BBSG gilt als Haftzeit ein Zeitraum von 30 Tagen. Nach dieser Bedingung ersetzt der Versicherer im Fall einer Schließung nach Ziffer 3.1.1 BBSG den entgehenden Gewinn aus dem Umsatz der hergestellten Erzeugnisse, der gehandelten Waren und der Dienstleistung sowie die fortlaufenden Kosten bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Schließung wieder aufgehoben wird, höchstens bis zum Ablauf der vereinbarten Haftzeit. Auf Seite 4, 5 der BBSG ist in einem Anhang ein Auszug aus dem Infektionsschutzgesetz, nämlich zu den §§ 6, 7, 25, 29 und 42 dargestellt.

Das Land Schleswig-Holstein hat mit der Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus SARS-CoV-2 in Schleswig-Holstein am 17. März 2020 unter § 3 angeordnet, dass Gaststätten im Sinne des § 1 Gaststättengesetz zu schließen sind. Leistungen im Rahmen eines Außer-Haus-Verkaufs für den täglichen Bedarf dürfen nach telefonischer oder elektronischer Bestellung erbracht werden. Die Verordnung ist am 18. März 2020 in Kraft und am 19. April 2020 außer Kraft getreten. Die Schließungsanordnung ist mit weiteren Verordnungen verlängert worden.

Die Klägerin meldete der Beklagten am 19. März 2020 die Betriebsschließung und bezifferte ihren Schaden vorläufig auf 82.000,00 €. Die Beklagte lehnte eine Eintrittspflicht mit Schreiben vom 8. April 2020 mit der Begründung ab, die Allgemeinverfügungen der Bundesländer oder Kreise würden sich pauschal gegen alle Betriebe einer Region richten und diese Schließungen hätten präventiven Charakter. Es fehle an einer individuellen Anordnung der Betriebsschließung. Wegen der ungeklärten Rechtslage unterbreitete die Beklagte einen Vergleichsvorschlag auf Basis der Zahlung von 6.250,00 €, den die Klägerin ablehnte.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 16. April 2020 auf, binnen einer Frist von 10 Tagen dem Grunde nach zu erklären, dass der eingetretene Schaden ausgeglichen werde. Der vorläufige Schaden wurde auf 82.000,00 € beziffert. Die Beklagte wiederholte ihre Leistungsablehnung mit weiterem Schreiben vom 17. April 2020.

Die Klägerin ist der Ansicht, auch die Schließung ihres Gastronomiebetriebes durch die Allgemeinverfügung bzw. die Verordnung des Landes Schleswig-Holstein sei von dem Versicherungsvertrag erfasst. Es würden dieselben Auswirkungen vorliegen wie bei einer individuell angeordneten Betriebsschließung. Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der rechtlichen Verordnung bestünden nicht. Die Auslegung der BBSG i.V.m. dem Versicherungsvertrag ergebe, dass es sich um eine Rund-um-Versicherung handele. Der Verweis auf die §§ 6, 7 IfSG sei dynamisch und nicht statisch zu verstehen, denn es bestehe Versicherungsschutz für alle unter das Infektionsschutzgesetz fallenden meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger, auch wenn diese erst nachträglich in das Gesetz aufgenommen würden. Dies gelte insbesondere auch wegen der Generalklausel in § 6 Abs. 1 Nr. 5 IfSG. Eine andere Art der Auslegung würde zu einem Widerspruch zwischen dem umfassend formulierten Versicherungsschutz, wie er sich auch aus den Überschriften der BBSG und der Kundeninformation ergebe, führen. Eine derartige unklare, überraschende und missverständliche Klausel gehe zu Lasten des Verwenders. Etwaige öffentlich-rechtliche Ansprüche der Klägerin gegen das Land Schleswig-Holstein würden nicht bestehen.

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Marc Stimpfl, Boppard

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