Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem Antrag das Ziel, § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 1, § 8c Abs. 2, §§ 8d, 8f der SächsCoronaSchVO einstweilen außer Vollzug zu setzen.
Die Antragstellerin betreibt 15 Schuhgeschäfte auf dem Gebiet des Freistaats Sachsen. Das Warensortiment umfasst Damen- und Herrenschuhe, orthopädische Schuhe, in der überwiegenden Anzahl der Schuhgeschäfte Kinderschuhe, Pflegemittel, orthopädische Einlagen, Einlagesohlen und Schuhzubehör sowie sonstige Ausstattungsgegenstände.
Hierzu führte das Gericht aus:
Der Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der im Antrag genannten Vorschriften ist abzulehnen, da die Prüfung nicht ergibt, dass die angegriffenen Vorschriften im Normenkontrollverfahren voraussichtlich nicht standhalten werden. Auch eine Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus.
Dass sich die Maßnahmen gemäß § 28a Abs. 3 Sätze 4 ff. IfSG an den vom RKI erfassten Inzidenzahlen orientieren, ist nicht zu beanstanden.
Ob der gesetzgeberischen Entscheidung zutreffende Einschätzungen zugrunde liegen, dürfte aus einer ex-ante-Perspektive im Hinblick auf die verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten zu beurteilen sein. Die Prognose wird nicht dadurch ungültig und verfassungswidrig, dass sie sich im Nachhinein als falsch erweist.
Es spricht Einiges dafür, dass der Gesetzgeber mit der Normierung der in Rede stehenden Sieben-Tage-Inzidenz als Anknüpfungspunkt für Schutzmaßnahmen und rechtmäßige Grundrechtseingriffe den ihm zukommenden Ermessens- und Prognosespielraum nicht überschritten hat.
Daran ändert auch nichts, dass nach den Schilderungen der Antragstellerin aufgrund unterschiedlicher Meldepraxis der Fallzahlen durch die Gesundheitsämter die für das Ergreifen der Maßnahmen maßgeblichen Inzidenzwerte verfälscht werden könnten.
Angesichts dieser Infektionslage und der weiterhin für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland sehr hohen Gefährdungslage sind die zuständigen Behörden weiterhin zum Handeln verpflichtet.
Die angegriffenen Maßnahmen sind voraussichtlich auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden.
Die angeordneten Schließungen sind insbesondere geeignet, Kontakte zwischen Menschen zu reduzieren, um weitere Infektionen mit dem hochansteckenden Virus SARS-CoV-2 und seinen Mutationen einzudämmen und damit den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer- und schwerstkranker Menschen sicherzustellen.
Die Eignung der angefochtenen Bestimmungen wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Untersuchungen ergeben haben, dass die Infektionsgefährdung der Beschäftigten des Einzelhandels im Jahr 2020 etwas unterhalb der durchschnittlichen Infektionsgefährdung der Gesamtbevölkerung gelegen hat. Dies sagt bereits nichts über die Infektionsgefährdung der Kunden bei einer Gesamtbetrachtung ihrer durch das Einkaufen bzw. durch „Shoppen“ ausgelösten Mobilität aus.
Auch bei einer Folgenabwägung überwiegen die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen die gegenläufigen Interessen nicht.
Die von der Antragstellerin angegriffene Norm bewirkt zwar weiterhin einen gravierenden Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Die Antragstellerin hat zudem eine erhebliche wirtschaftliche Belastung durch die Infektionsschutzmaßnahmen nachvollziehbar dargetan. Andererseits währt dieser Eingriff in zeitlicher Hinsicht, auch wenn die Antragstellerin bereits im Frühjahr 2020 eine Betriebsschließung hinnehmen musste, die aktuelle Betriebsschließung bereits fast fünf Monate andauerte und auch jetzt eine unbeschränkte Öffnung nicht sicher erscheint, insgesamt nur verhältnismäßig kurz.
Ihre Folgen werden zudem durch die nun in Abhängigkeit von der regionalen Pandemieentwicklung bestehenden, wenngleich weiterhin erheblich beschränkten Öffnungsmöglichkeiten und den möglichen Vertrieb ihrer Waren durch den Onlinehandel und über Click & Collect-Angebote abgemildert.
Zudem besteht für die Antragstellerin die Aussicht, dass die für die Bekämpfung der Pandemie erbrachten Opfer voraussichtlich durch Ausgleichszahlungen teilweise kompensiert werden. Die danach verbleibenden wirtschaftlichen und grundrechtlich geschützten Interessen der Antragstellerin überwiegen, auch wenn sie sehr erheblich sind, nicht gegenüber dem Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), welche angesichts des derzeitigen Infektionsgeschehens in überaus hohem Maße gefährdet sind .