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Unzulässiger Antrag eines Fitnessstudios auf Feststellung der Unwirksamkeit des § 11 4. BaylfSMV

Firmen / Gewerbe | Lesezeit: ca. 10 Minuten

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Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen die Vierte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, soweit darin die Schließung von Fitnessstudios angeordnet wird.

Der Antragsteller beantragt,

Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt, dass der Antragsteller berechtigt ist, die von ihm betriebenen Fitnessstudios … Straße … und … für den Betrieb zu öffnen,

hilfsweise:

unter Beachtung der unter § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 11 4. BayIfSMV genannten Voraussetzungen,

weiter hilfsweise:

unter Beachtung der unter § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 11 4. BayIfSMV genannten Voraussetzungen, und der Betrieb nicht gemäß § 11 Satz 1 4. BayIfSMV untersagt ist.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Antrag war abzulehnen; er ist bereits unzulässig.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist unzulässig. Das Rechtsschutzziel einer Unwirksamkeitserklärung bzw. einer Aussetzung der Vollziehung des § 11 4. BayIfSMV kann der Antragsteller alleine im Wege eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO bzw. eines entsprechenden Eilverfahrens nach § 47 Abs. 6 VwGO erreichen, nicht hingegen mit einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO bzw. im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO.

Steht - wie hier - die Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine untergesetzliche Norm inmitten, kommt im Ausgangspunkt ein Vorgehen sowohl nach § 47 Abs. 6 VwGO als auch nach § 123 Abs. 1 VwGO in Betracht. Die Abgrenzung der beiden Rechtsbehelfe erfolgt dabei anhand der unterschiedlichen Verfahrensgegenstände, die gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO unter Berücksichtigung des vom Antragsteller verfolgten Rechtsschutzbegehrens zu bestimmen sind. Zielt das Antragsbegehren auf die Aussetzung des Vollzugs der angegriffenen Norm, so ist § 47 Abs. 6 VwGO im Verhältnis zu § 123 VwGO lex specialis. Dies entspricht dem für das Hauptsacheverfahren gültigen Grundsatz, wonach eine Klage mit dem alleinigen Ziel der Nichtigkeitsfeststellung einer Rechtsnorm nicht auf § 43 VwGO gestützt werden kann, da eine solche Klage auf kein Rechtsverhältnis abzielt, sondern eine Umgehung des § 47 VwGO ermöglichen würde.

Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist hier im Ergebnis auf die Aussetzung der Vollziehung des durch § 11 Satz 1 4. BayIfSMV angeordneten Öffnungsverbots für Fitnessstudios gerichtet und wäre mithin ausschließlich im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO geltend zu machen. Daran vermag auch der im Sinne eines Feststellungsbegehrens formulierte Antrag nichts zu ändern. Wie in der Antragsbegründung eindeutig zum Ausdruck gelangt, wendet sich der anwaltlich vertretene Antragsteller „unmittelbar gegen die Regelung des § 11 4. BayIfSMV“, deren Wirksamkeit den „Streitgegenstand“ des vorliegenden Antrags bilde und für dessen Erfolg „allein entscheidend“ sei. Die Frage nach der Wirksamkeit des § 11 4. BayIfSMV stellt indessen für sich genommen kein konkretes Rechtsverhältnis dar, wie es für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlich wäre. Vielmehr erwächst ein derart streitiges Rechtsverhältnis erst aus der Umsetzung der betreffenden Vorschrift. Dem steht nicht entgegen, dass sich das hier streitgegenständliche Schließungsgebot für Fitnessstudios unmittelbar aus der Regelung des § 11 4. BayIfSMV ergibt, die Norm also „self executing“ ist und es gerade keines weiteren behördlichen Vollzugsakts bedarf. Auch bei solchen Normen können sich normbetroffene Personen und eine die Norm vollziehende Behörde gegenüberstehen, die die Regelungen konkretisiert oder individualisiert und Anordnungen für den Einzelfall aufgrund gesetzlicher Befugnisse trifft. Dies wäre etwa denkbar, wenn die Auslegung einer derartigen Rechtsvorschrift in Streit steht oder aber der Antragsteller bei einer Zuwiderhandlung gegen die betreffende Norm ein ordnungsrechtliches Einschreiten der Sicherheitsbehörden befürchtet.

Ein in diesem Sinne konkretes Rechtsverhältnis steht in der hiesigen Fallkonstellation jedoch nicht in Streit. Der durch den Antragsgegner vorgenommenen Auslegung des § 11 4. BayIfSMV, wonach die vom Antragsteller betriebenen Einrichtungen als Fitnessstudios dem darin festgeschriebenen Öffnungsverbot unterfallen, ist die Antragsschrift nicht entgegengetreten. Vielmehr geht der Antragsteller selbst davon aus, dass er Fitnessstudios im Sinne der Verordnung betreibt, deren Öffnung ihm durch § 11 4. BayIfSMV untersagt ist. Einer von Seiten des Gerichts mit richterlichem Hinweis vom 18. Mai 2020 angeregten Antragsänderung, wonach dieser gegen die jeweils zuständigen Sicherheitsbehörden gerichtet werden könne, um auf diese Weise einem ordnungsrechtlichen Einschreiten gegen die begehrte Öffnung der Fitnessstudios nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 21 Nr. 10 4. BayIfSMV, welcher Verstöße gegen § 11 4. BayIfSMV in den Rang einer Ordnungswidrigkeit nach § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG erhebt, vorzubeugen, ist die Antragsbegründung ausdrücklich entgegengetreten. Soweit der Antragsteller (in der Sache unzutreffend) annimmt, das vom Gericht angeregte Vorgehen gegen die zuständigen Sicherheitsbehörden setze zunächst die Begehung eines gezielten Verstoßes gegen das bewehrte Verbot des § 11 4. BayIfSMV voraus, und es daher vorzieht, die Wirksamkeit der betreffenden Regelung einer gerichtlichen Klärung unmittelbar gegenüber dem Normgeber zuzuführen, ist er auf das Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO zu verweisen, welches ihm die Möglichkeit böte, eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung des § 11 4. BayIfSMV zu erstreiten.

Dem vorliegenden Rechtsschutzbegehren kann schließlich nicht dadurch zum Erfolg verholfen werden, dass dieses als Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO auszulegen oder in einen solchen umzudeuten wäre und gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an den insoweit sachlich zuständigen Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verwiesen würde. Ein derartiges Verständnis liefe dem eindeutig erklärten Willen des anwaltlich vertretenen Antragstellers zuwider, der gleichsam die Grenze der Auslegung nach § 122 Abs. 1, § 88 VwGO bildet. Dem Gericht ist es verwehrt, die Wesensgrenzen der Auslegung zu überschreiten und an die Stelle dessen, was ein Beteiligter erklärtermaßen will, das zu setzen, was er - nach Meinung des Richters - zur Verwirklichung seines Bestrebens wollen sollte. Den Ausführungen der Antragsschrift ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren als Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO verstanden haben will. Hierfür spricht namentlich die darin vorgenommene Abgrenzung zum Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO, im Rahmen derer die Antragsschrift zur Statthaftigkeit des Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO gelangt. Auch auf den richterlichen Hinweis vom 18. Mai 2018 hin, dass das insoweit erforderliche streitige Rechtsverhältnis in einem - bei verbotswidriger Öffnung der Fitnessstudios drohenden - Einschreiten der zuständigen Sicherheitsbehörden erblickt werden könne, hat der anwaltlich vertretene Antragsteller bekräftigt, die Wirksamkeit des durch § 11 4. BayIfSMV für Fitnessstudios angeordneten Öffnungsverbots im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO unmittelbar gegenüber dem Normgeber klären zu wollen.


VG Ansbach, 20.05.2020 - Az: AN 18 E 20.00939

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