Die Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG setzt voraus, dass ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union internationalen Schutz gewährt hat. Grundsätzlich gilt dabei der unionsrechtliche Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, wonach in allen Mitgliedstaaten die Mindeststandards der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Grundrechtecharta gewährleistet sind. Ein Abweichen hiervon ist nur geboten, wenn systemische oder allgemeine Funktionsstörungen des Asyl- oder Sozialsystems in einem Mitgliedstaat vorliegen, die eine besonders hohe Erheblichkeitsschwelle überschreiten und die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit begründen.
Art. 3 EMRK und Art. 4 GRCh verbieten es, Betroffene einer Situation extremer materieller Not auszusetzen, in der sie ihre elementarsten Bedürfnisse nach Unterkunft, Ernährung und Hygiene nicht befriedigen können. Bloße Armut, eine Verschlechterung der Lebensumstände oder der Ausschluss von existenzsichernden Sozialleistungen genügen nicht, solange Betroffene in gleicher Weise behandelt werden wie einheimische Staatsangehörige. Maßgeblich ist, ob ein „real risk“ der Verelendung besteht. Die Rechtsprechung verlangt zudem, dass Betroffene zumutbar eigene Anstrengungen unternehmen, etwa durch einfache Erwerbstätigkeit, Tätigkeiten im Niedriglohn- oder Nischenbereich oder die Inanspruchnahme von Hilfsangeboten nichtstaatlicher Organisationen. Auch die Nutzung bürokratischer oder informeller Wege zur Beschaffung notwendiger Dokumente kann verlangt werden.
Für anerkannte Schutzberechtigte ohne besondere Vulnerabilität ergibt sich aus den aktuellen Erkenntnismitteln, dass die Lebensverhältnisse in Griechenland zwar schwierig, aber nicht in einem Maße unzumutbar sind, das eine Verletzung von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GRCh begründen würde. Schwierigkeiten beim Zugang zu Obdach, Mindesteinkommen und Sozialleistungen bestehen insbesondere in den ersten Monaten nach Rückkehr, bis erforderliche Dokumente wie Aufenthaltstitel, Steuer- oder Sozialversicherungsnummer erlangt sind. In dieser Übergangszeit sind Betroffene auf Eigeninitiative und Hilfsangebote angewiesen. Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung wird hierin jedoch regelmäßig nicht gesehen.
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