Die Beurteilung, ob ein ärztliches Attest einen ausreichenden Nachweis einer medizinischen Kontraindikation im Sinne des § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. IfSG darstellt, richtet sich nach Inhalt und Nachvollziehbarkeit der ärztlichen Angaben. Maßgeblich ist, ob das Gesundheitsamt anhand des Attests in die Lage versetzt wird, die behauptete Impfunfähigkeit auf Plausibilität zu prüfen.
Ein ärztliches Zeugnis genügt den gesetzlichen Anforderungen nur, wenn es konkrete und überprüfbare Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthält. Es muss erkennen lassen, welche gesundheitlichen Umstände der Impfung entgegenstehen und weshalb diese im konkreten Fall eine Impfung ausschließen. Die bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts oder pauschale Aussagen zur Impfunfähigkeit genügen nicht.
Die in den Fachinformationen der zugelassenen Masernimpfstoffe aufgeführten Gegenanzeigen bilden die maßgebliche Grundlage für die ärztliche Bewertung. Eine Kontraindikation liegt insbesondere bei Überempfindlichkeit gegen Impfstoffbestandteile wie Neomycin, Streptomycin oder Hühnereiweiß vor, wenn nach einer früheren Impfung schwerwiegende allergische Reaktionen – etwa anaphylaktische Schocks – aufgetreten sind. Dagegen stellen allgemeine allergische Dispositionen oder familiäre Allergien keine medizinischen Kontraindikationen im Sinne des Gesetzes dar.
Die Packungsbeilage des jeweiligen Impfstoffes (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AMG) hat insoweit eine zentrale Bedeutung. Die dort genannten „Gegenanzeigen“ sind verbindlich zu beachten, während Hinweise unter „Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen“ lediglich ärztliche Sorgfaltsanforderungen bei Durchführung und Überwachung der Impfung betreffen. Diese Passagen begründen keine eigenständigen Kontraindikationen. Entsprechend ist bei Vorliegen einer allergischen Diathese regelmäßig nur eine besondere Beobachtung nach der Impfung erforderlich, nicht jedoch ein Impfverbot.
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