Nach § 65 Abs. 6 SGB VII haben Witwen oder Witwer keinen Anspruch, wenn die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen worden und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er bei einer Ehedauer von unter einem Jahr für den Regelfall unterstellt, dass der Versorgungsgedanke ein erhebliches Motiv der Eheschließung gewesen sein muss (sog. gesetzliche Vermutung).
Diese Vermutung kann nur durch den Vollbeweis des Gegenteils nach § 202 SGG i. V. m. § 292 ZPO widerlegt werden. Das Gericht muss davon überzeugt sein, dass besondere Umstände des Einzelfalls i. S. d. Vorschrift gegeben sind.
Der Begriff der „besonderen Umstände“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der durch die Sozialversicherungsträger und die Gerichte mit einem bestimmten Inhalt auszufüllen ist und dessen Beurteilungsspielraum im konkreten Fall der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt.
Das BSG gelangt in der Entscheidung B 13 R 55/08 R zudem zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass aufgrund der Vielgestalt der Lebenssachverhalte eine typisierende Betrachtung ausscheidet. Letztlich sind im jeweiligen Einzelfall alle zur Eheschließung führenden Motive der Ehegatten zu berücksichtigen und in ihrer Bedeutung gegeneinander abzuwägen.
Hierbei sind alle äußeren und inneren Umstände zu berücksichtigen. Die hiernach zu treffende Abwägung hat indessen nicht unabhängig von den nach außen erkennbaren Gesamtumständen zu erfolgen. Insbesondere dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten kommt hierbei erhebliche Bedeutung zu.
So dürfte in Fällen, in denen die Ehe durch einen völlig unerwarteten Todesfall – etwa der Unfalltod eines kerngesunden Partners – geschieden wird, die gesetzliche Vermutung kaum gerechtfertigt sein, während sie an Gewicht gewinnt je erwartbarer der Todeseintritt ist.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat vollständig anschließt, steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme („Vermutung“) einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres angeführt werden.
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