Die Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG bestimmt, ob ein Aufenthaltstitel während des laufenden Verfahrens auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels fortgelten darf. § 81 Abs. 3 AufenthG regelt die Erlaubnisfiktion für Ausländer ohne Aufenthaltstitel, während § 81 Abs. 4 AufenthG die Fortgeltungsfiktion für bereits im Besitz eines Aufenthaltstitels befindliche Ausländer vorsieht. Entscheidend ist, dass die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts entweder durch einen bestehenden Aufenthaltstitel oder durch einen rechtmäßigen Aufenthalt ohne Titel vermittelt wird (BVerwG, 19.11.2019 - Az: 1 C 22/18). Schengen-Visa fallen grundsätzlich unter die Regelungen der Aufenthaltstitel, jedoch begründet deren Nutzung allein keinen Anspruch auf eine Fiktionswirkung nach § 81 AufenthG, da sie nur vorübergehend für kurzfristige Aufenthalte konzipiert sind und das Visumverfahren einzuhalten ist.
Die Aussetzung der Abschiebung nach § 80 Abs. 5 VwGO setzt eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung der Ausreisepflicht und den Interessen des Ausländers voraus. Liegt keine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG vor, ist ein aufschiebender Rechtsschutz nur aus verfahrensrechtlichen Gründen zu gewähren.
Im zu entscheidenden Fall überwog das öffentliche Interesse an der Rückführung gegenüber dem privaten Interesse an einem vorübergehenden Verbleib.
Ausweisungsinteressen nach § 54 AufenthG können insbesondere bei Einreisen mit einem erschlichenen Schengen-Visum begründet sein. Hierzu zählen falsche oder unvollständige Angaben im Rahmen des Visumverfahrens oder Verstöße gegen aufenthaltsrechtliche Pflichten. Diese rechtlichen Verstöße begründen ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse, das unabhängig von einer formell bestehenden Ehe im Bundesgebiet die Abschiebung rechtfertigt (vgl. § 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 6 AufenthG).
Familienrechtliche Schutzinteressen nach Art. 6 GG, Art. 8 EMRK oder Art. 7 und 24 EU-GR-Charta verhindern die Abschiebung nur, wenn die Trennung von Ehegatten oder Angehörigen unzumutbar wäre. Eine bloße Eheschließung oder familiäre Bindung begründet keinen automatischen Anspruch auf Aufenthalt. Entscheidend ist die tatsächliche Verbundenheit der Familienmitglieder sowie die Zumutbarkeit einer zeitlich begrenzten Trennung. Ein kurzfristiger Verstoß gegen das Visumverfahren oder eine absichtliche Umgehung desselben führt nicht zur Schutzwürdigkeit des Aufenthalts.
Die Sicherung des Aufenthaltsrechts während des Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels muss daher über das reguläre Visumverfahren erfolgen. Eine bewusste Umgehung dieses Verfahrens und die Einreise mit einem über andere Auslandsvertretungen erschlichenen Schengen-Visum rechtfertigen die vollziehbare Ausreisepflicht.
Es besteht grundsätzlich ein erhebliches Interesse daran, eine Besserstellung desjenigen Ausländers zu vermeiden, der unerlaubt eingereist ist und sich nunmehr unter Verweis auf die familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen hier lebenden Angehörigen in Deutschland aufhält, gegenüber demjenigen Ausländer, der erst die familiäre Einheit mit seinen Angehörigen im Bundesgebiet herstellen will und sich hierzu dem regulären Visumverfahren unterzieht.