Wird aufgrund eines Softwarefehlers eine Ware im Internet versehentlich zu billig angeboten, so der Verkäufer den vermeintlich zustande gekommenen Kaufvertrag wegen Erklärungsirrtums anfechten.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin veräußert Computer nebst Zubehör über eine Website im Internet. Im Januar 2003 legte der zuständige Mitarbeiter der Klägerin für das Notebook der Firma S. , Typ V. S. einen Verkaufspreis von 2.650 € fest und gab diesen in das EDV-gesteuerte Warenwirtschaftssystem der Klägerin ein. Mittels einer von der Klägerin verwendeten Software wurden diese Daten anschließend automatisch in die Produktdatenbank ihrer Internetseite übertragen. Als Ergebnis dieses Vorgangs enthielt die Datenbank jedoch nicht den eingegebenen Betrag von 2.650 €, sondern einen Verkaufspreis von 245 €. Der Klägerin wurden im Februar 2003 mehrere Fälle bekannt, in denen es zu einem Fehler im Datentransfer durch die im übrigen beanstandungsfrei laufende Software gekommen war; die Ursache konnte nicht festgestellt werden.
Der Beklagte bestellte am 1. Februar 2003 ein Notebook des vorgenannten Typs zu dem auf der Internetseite der Klägerin angegebenen Verkaufspreis von 245 €. Die Klägerin bestätigte dem Beklagten mittels einer automatisch verfassten E-Mail vom gleichen Tage den Eingang seiner Bestellung zu diesem Preis. Eine weitere automatisch verfasste E-Mail der Klägerin vom gleichen Tage (15.36 Uhr) hatte folgenden Inhalt:
„Sehr geehrter Kunde, Ihr Auftrag wird jetzt unter der Kundennummer ... von unserer Versandabteilung bearbeitet ... Wir bedanken uns für den Auftrag ...“.
Das Notebook wurde mit Rechnung/Lieferschein der Klägerin vom 5. Februar 2003 zum Verkaufspreis von 245 € zuzüglich Versandkosten von 12,80 € an den Beklagten ausgeliefert. Mit Schreiben vom 11. Februar 2003 erklärte die Klägerin die Anfechtung des Kaufvertrags mit der Begründung, das Notebook sei aufgrund eines Systemfehlers irrtümlich mit dem Preis von 245 € versehen worden. Der Beklagte lehnte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 18. Februar 2003 die Herausgabe des Notebooks ab. Die Klägerin setzte dem Beklagten hierzu mit Schreiben vom 28. Februar 2003 vergeblich eine Frist bis zum 8. März 2003.
Die Klägerin begehrt die Herausgabe und Rückübereignung des Notebooks Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises sowie die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, den aus der Verweigerung der Herausgabe entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage hinsichtlich des Herausgabeantrags stattgegeben; hinsichtlich des Feststellungsantrags hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen; sie verfolgt ihren Feststellungsantrag weiter.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Klägerin habe einen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückübereignung des Notebooks gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Der Kaufvertrag sei aufgrund der mit Schreiben der Klägerin vom 11. Februar 2003 erklärten Anfechtung unwirksam. Die Klägerin sei wegen eines Irrtums in der Erklärungshandlung gemäß § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB zur Anfechtung berechtigt gewesen, da ihr zuständiger Mitarbeiter bei der Einstellung der Preisangaben in das Internet eine Erklärung des Inhalts, das Notebook solle 245 € kosten, nicht habe abgeben wollen. Die fehlerhafte Übertragung des Preises habe zunächst zwar nur die Präsentation des Warenangebots der Klägerin auf der Internetseite und damit eine invitatio ad offerendum betroffen. Dieser Fehler habe jedoch bei der automatisierten, vom Computer erstellten Annahmeerklärung fortgewirkt, weil bereits mit der Dateneingabe -in Verbindung mit der vorausgegangenen Programmierung -der Inhalt der späteren Annahmeerklärung festgelegt werde.
Der Feststellungsantrag der Klägerin sei unbegründet. Der Beklagte habe sich mit der Pflicht zur Herausgabe des Notebooks nicht in Verzug befunden. Weder den anwaltlich beratenen Beklagten noch seinen Rechtsanwalt treffe ein Verschulden an der Nichtleistung, da die Rechtslage hinsichtlich der Anfechtbarkeit in besonderem Maße unklar gewesen sei.
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