Die Frage der medizinischen Unvertretbarkeit gem. § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG ist anhand einer Risiko-Nutzen-Abwägung zu ermitteln, wobei die therapeutischen Wirkungen eines Arzneimittels mit den schädlichen Wirkungen desselben verglichen werden. Überwiegt der therapeutische Nutzen die Risiken, so sind die schädlichen Wirkungen als medizinisch vertretbar anzusehen. Bei der Prüfung der Unvertretbarkeit der schädlichen Wirkungen werden nicht nur die im konkreten Fall eingetretenen Schäden berücksichtigt, sondern es wird eine abstrakte Risiko-Nutzen-Abwägung vorgenommen, bei der sämtliche schädlichen Wirkungen erfasst werden, es ist hierbei nicht auf die individuellen Umstände des jeweiligen Patienten abzustellen.
Im Rahmen der Frage nach der „Unvertretbarkeit“ ist eine Abwägung zwischen dem therapeutischen Nutzen und den Risiken einer schädlichen Nebenwirkung vorzunehmen. Dabei kommt es auf gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse an – die schädlichen Wirkungen müssen bewiesen sein. Bloße Spekulationen genügen nicht.
Wenn bei der ersten Zulassung eines Vakzins die Abwägung von Nutzen und Risiko positiv ausgefallen ist, kann sich eine Haftung nach § 84 AMG nur auf Erkenntnisse beziehen, die nach der Zulassungsentscheidung aufgetreten sind und bei deren Berücksichtigung eine andere Zulassungsentscheidung veranlasst gewesen wäre .