Ohne Suche zum Ziel. Wir lösen Ihr Rechtsproblem!Bewertung: - bereits 388.284 Anfragen

Rückerstattung einer Anzahlung für einen Aufenthalt in den USA

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 30 Minuten

Der Reiseveranstalter kann keine Stornogebühr verlangen, wenn die entsprechende Klausel in den AGB wegen Verstoßes gegen das Leitbild der § 651h Abs. 2, 3 S. 1 BGB unwirksam bzw. die Entschädigung selbst bei einer Auslegung zugunsten des Reiseveranstalters ausgeschlossen ist.

Die Pauschalreise-Richtlinie oder die §§ 651a ff. BGB stehen der Vereinbarung einer sog. „gewillkürten Pauschalreise“ als gewähltem Vertragstyp nicht entgegen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren um Rückerstattung einer Anzahlung für einen Aufenthalt in den USA in Höhe von 655,00 Euro.

Die Klägerin buchte vor dem Ausbruch der weltweiten Corona-Pandemie bei der Beklagten einen Hotelaufenthalt in Los Angeles (USA) im Zeitraum vom 08.09.2020 bis 26.09.2020 über ein Online-Reisebüro zum Gesamtpreis in Höhe von 3.276,00 Euro. Die Flüge buchte die Klägerin separat bei ..., wie sie später einräumte. Andere Reiseleistungen buchte die Klägerin bei der Beklagten nicht. In der von der Klägerin vorgelegten Reisebestätigung der Beklagten wird auf die „Reisebedingungen“ der Beklagten hingewiesen. Darin heißt es auszugsweise schon in der Präambel:

„Sofern Sie nur eine einzelne Reiseleistung (z.B. Hotelübernachtung, Ferienwohnung) buchen, die nicht Bestandteil einer Pauschalreise ist oder wird, (…) finden die nachfolgenden Reisebedingungen mit Ausnahme der Ziffern 5.2. 7 und 11 entsprechende Anwendung. Besonderheiten, die ausschließlich solche einzelne Reiseleistungen betreffen, werden nachstehend ausdrücklich geregelt bzw. kenntlich gemacht. Vorstehende Regelungen finden keine Anwendung auf einzelne Flugbeförderungsleistungen.“

Weiter heißt es unter Ziffern 4.1. und 4.2. der AGB der Beklagten (Hervorhebung nur hier):

„4.1. Sie können jederzeit vor Reisebeginn vom Reisevertrag zurücktreten. Der Rücktritt ist uns gegenüber zu erklären. Falls die Reise über einen Reisevermittler gebucht wurde, kann der Rücktritt auch diesem gegenüber erklärt werden (…).

4.2 Treten Sie vor dem Reisebeginn zurück oder treten Sie die Reise nicht an, so verlieren wir den Anspruch auf den Reisepreis. Stattdessen können wir eine angemessene Entschädigung verlangen, soweit der Rücktritt nicht von uns zu vertreten ist oder am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen; (…).“

In Ziffer 19.3 ist für Hotels bei einem Rücktritt bis zum 42. Tag vor Reisebeginn eine Stornopauschale in Höhe von 20 % vorgesehen (= 655,20 Euro).

Die Klägerin zahlte im August 2019 vereinbarungsgemäß 655,00 Euro an. Seit März 2020 bestand eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für die USA unverändert fort (letztere zum bis 30.09.2020). Seit dem 02.04.2020 waren die USA vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiet ausgewiesen. Es bestand seit März 2020 ein auch in der Folge nicht aufgehobenes Einreiseverbot in die USA (bis 07.11.2021). Die Klägerin stornierte deshalb die Buchung am 16.7.2020. Die Beklagte bestätigte dies mit Nachricht vom 20.07.2020 und verwies auf „bekannte“ Stornokosten in Höhe von 655,00 Euro. Mit Nachricht vom 18.08.2020 verlangte die Klägerin die Rückzahlung der Anzahlung. Die Beklagte behielt diese mit Verweis auf die AGB und eine aus ihrer Sicht mögliche Beförderung in das Zielgebiet und eine behauptete uneingeschränkte Nutzbarkeit der Leistungen vor Ort ein. Auch auf ein Anwaltsschreiben vom 4.9.2020 zahlte die Beklagte nicht.

Die Klägerin hat behauptet, die AGB der Beklagten habe sie nicht erhalten; auf der Webseite der Beklagten seien diese entgegen der Anlage K1 nicht abrufbar gewesen. Die Reise habe infolge der Covid-19 Pandemie nicht stattfinden können. Dies sei schon zum Zeitpunkt der Stornierung hinreichend wahrscheinlich gewesen. Zwischen Juli 2020 und August 2020 hätten sich in den USA nahezu zwei Millionen Menschen mit dem Corona-Virus infiziert. Die Infektionszahlen seien weiter angestiegen. Das öffentliche Leben sei stark eingeschränkt gewesen, Geschäfte und Kultureinrichtungen seien geschlossen, eine Maskenpflicht verhängt und Kontaktverbote ausgesprochen gewesen. Das Gesundheitssystem sei stark überlastet gewesen, viele Patienten hätten nicht oder nicht angemessen behandelt werden können. Eine medizinische Versorgung sei nicht sichergestellt gewesen. Es habe aufgrund des Einreiseverbotes ein Beherbergungsverbot für deutsche Touristen gegeben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, es habe sich um eine Pauschalreise gehandelt. Sie verweist insoweit auf den in Bezug genommenen Sicherungsschein, auf dem die Beklagte als Reiseveranstalterin bezeichnet sei. Mietrecht komme nicht zur Anwendung. Die AGB seien wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 5 lit. b) BGB unwirksam. Der Klägerin werde der Nachweis eines geringeren Schadens nicht eröffnet. Selbst wenn Mietrecht Anwendung finde, sei die Leistung der Beklagten aufgrund des Einreiseverbots und des damit einhergehenden Beherbergungsverbotes für deutsche Touristen unmöglich gewesen.

Die Beklagte hat behauptet, ihre Reisebedingungen seien wirksam in den Vertrag mit der Klägerin einbezogen worden. Ohne das Einverständnis mit den als Hyperlink hinterlegten, als Popup-Fenster anzeig- sowie ausdruck- und speicherbaren AGB durch das Setzen eines „Haken“ könne eine Online-Buchung eines Hotels rein technisch nicht abgeschlossen werden. Die Inanspruchnahme der vereinbarten Unterbringung sei zum Zeitpunkt der Stornierung durch die Klägerin ohne Einschränkungen möglich gewesen. Das Hotel sei geöffnet, die Unterbringung dort prinzipiell möglich gewesen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mangels zweier verschiedener Reiseleistungen seien die §§ 651a ff. BGB und damit auch § 651h Abs. 3 BGB nicht anwendbar. Eine analoge Anwendung sei bewusst nicht in das Gesetz überführt worden. Es handele sich um nicht dispositives Recht. Es sei dementsprechend von einem Beherbergungsvertrag auszugehen. Im Rahmen dessen Trage der Mieter das Verwendungsrisiko gemäß § 537 BGB. Die Reisewarnung reiche nicht aus, um eine Nichtdurchführbarkeit der Reise substantiiert zu begründen.

Das Amtsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 05.09.2022 antragsgemäß zur Rückerstattung der Anzahlung und der Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Die Leistung der Beklagten im Rahmen des angenommenen Beherbergungsvertrages sei ihr als Minus zum Einreiseverbot im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB unmöglich gewesen. Dementsprechend entfalle auch die Gegenleistung der Klägerin gemäß § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. Pauschalreiserecht finde keine Anwendung.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 07.09.2022 zugestellte Urteil am 7.10.2022 Berufung eingelegt und diese mit ihrem Schriftsatz vom 7.11.2022 begründet. Das Amtsgericht habe zu Recht die Anwendung der §§ 651a ff. BGB verneint. Die Leistung der Beklagten sei indes nicht unmöglich gewesen. Aus einem Einreiseverbot könne nicht auf die Unmöglichkeit der Leistung der Beklagten geschlossen werden. Das Leistungshindernis habe damit in der Person der Klägerin bestanden. Sie trage das Verwendungsrisiko im Sinne des § 537 BGB. Auch eine Kündigung im Sinne des § 543 BGB scheide aus, da ein Konnex zwischen dem Einreiseverbot und dem Mietobjekt fehle.

Hierzu führte das Gericht aus:

Das Amtsgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht zur Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 655,00 Euro verurteilt.

Zum Weiterlesen bitte oder kostenlos und unverbindlich registrieren.

Sie haben keinen Zugang und wollen trotzdem weiterlesen?

Registrieren Sie sich jetzt - testen Sie uns kostenlos und unverbindlich

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Computerwoche

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.235 Bewertungen) - Bereits 388.284 Beratungsanfragen

Man wird sehr gut beraten. Und man bekommt schnell eine Antwort.Danke☺️

Verifizierter Mandant

Extrem schnell und zuverlässig. vielen Dank!

Verifizierter Mandant