Rechtsfragen? Lösen unsere Rechtsanwälte für Sie.Bewertung: - bereits 394.104 Anfragen

Quarantäne wegen engen Kontakts zu einem bestätigten COVID-19-Fall in einer Schulklasse

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 38 Minuten

Die Kläger, gesetzlich vertreten durch ihre Eltern, begehren die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Anordnung der häuslichen Isolation als Kontaktperson der Kategorie I.

Die zehnjährigen Kläger sind Geschwister und besuchen unterschiedliche Klassen der 5. Jahrgangsstufe einer M. Schule.

Am 27. Oktober 2020 wurde in den Klassen der Kläger jeweils ein Mitschüler mittels eines PCR-Tests positiv auf das Coronavirus getestet. Am 26. Oktober 2020 hatten diese Schüler gemeinsam mit den Klägern den Unterricht besucht.

Mit E-Mail vom 29. Oktober 2020 informierte das Gesundheitsamt die Schulleitung der Kläger hierüber und teilte mit, dass die Kinder und Lehrer der betroffenen Schulklassen Kontaktpersonen der Kategorie 1 seien und sich deshalb 14 Tage lang in Quarantäne begeben müssen. Diese E-Mail wurde den Eltern der Kläger von der Klassenleitung weitergeleitet.

Mit Schreiben vom 3. November 2020, den Eltern der Kläger am 4. November 2020 zugegangen, teilte das Landratsamt diesen mit, dass die Kläger aufgrund eines engen Kontakts zu einem bestätigten Fall von COVID-19 nach den aktuellen Kriterien des Robert Koch-Instituts Kontaktpersonen der Kategorie I seien und daher nach der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 18. August 2020 eine häusliche Isolation der Kläger für die Zeit vom 29. Oktober 2020 bis zum 9. November 2020 gelte.

Am Freitag, den 6. November 2020, ließen die Kläger im Wege des Eilrechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Anfechtungsklage beantragen. Aufgrund Zeitablaufs der angeordneten häuslichen Isolation am Montag, den 9. November 2020, wurden die Anträge mit Schreiben vom 27. November 2020 für erledigt erklärt.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2020 ließen die Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen,

1. Es wird festgestellt, dass die Isolationsanordnung des Beklagten vom 3. November 2020, die aufgrund der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 18. August 2020, Az. GZ6a-G8000-2020/572, geändert durch Bekanntmachung vom 29. September 2020, Az. G5ASz-G8000-2020/122-622, welche ihrerseits auf Grundlage der §§ 28 Abs. Satz 1, 29 Abs. 1 und 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG in Verbindung mit § 65 Satz 2 Nr. 2 ZustV erlassen wurde, gegen den Kläger zu 1) rechtswidrig war.

2. Es wird festgestellt, dass die Isolationsanordnung des Beklagten vom 3. November 2020, die aufgrund der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 18. August 2020, Az. GZ6a-G8000-2020/572, geändert durch Bekanntmachung vom 29. September 2020, Az. G5ASz-G8000-2020/122-622, welche ihrerseits auf Grundlage der §§ 28 Abs. Satz 1, 29 Abs. 1 und 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG in Verbindung mit § 65 Satz 2 Nr. 2 ZustV erlassen wurde, gegen den Kläger zu 2) rechtswidrig war.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Insbesondere hätten die Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Es liege ein Fall der konkret drohenden Wiederholungsgefahr vor. Es stehe zu befürchten, dass gleichartige Anordnungen in naher Zukunft erneut ergehen würden, da nach der Risikobewertung des Robert Koch-Instituts keine Besserung der Infektionslage erkennbar sei. Auch aufgrund der Fortgeltung des Rahmenhygieneplans für bayerische Schulen vom 6. November 2020 bestehe eine Wiederholungsgefahr. Es sei jederzeit mit einer erneuten Isolationsanordnung zu rechnen. Es handle sich auch um einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff, da ständig eine Freiheitsentziehung aufgrund vager Vermutungen drohe. Die Klagen seien auch begründet, da die Isolationsanordnungen rechtswidrig gewesen seien. Bei den Klägern habe es sich nicht um Kontaktpersonen der Kategorie I gehandelt. Die Kläger hätten nicht als ansteckungsverdächtig eingestuft werden dürfen, da sie sich lediglich im selben Raum wie eine ansteckungsverdächtige Person aufgehalten hätten. Die Klassenzimmer seien regelmäßig gelüftet worden, die Kläger hätten die Abstandsregeln eingehalten und eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen. Die Kläger hätten keinerlei Kontakt zu den positiv getesteten Mitschülern gehabt und seien im Unterricht in einer deutlichen Entfernung von ca. 4 bis 6 Metern zu diesen gesessen. Zudem sei auch eine Infektion der positiv getesteten Mitschüler nicht nachweisbar. Diese seien symptomfrei und deshalb allenfalls als ansteckungsverdächtige Personen einzustufen gewesen. Die Anordnung einer Kollektivquarantäne für ganze Schulklassen, ohne gemäß § 25 IfSG zu prüfen, wer mit wem tatsächlich Kontakt gehabt habe, widerspreche auch der Ermächtigung des § 30 IfSG. § 30 Abs. 1 IfSG verstoße des Weiteren gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Auch stelle die behördlich angeordnete Absonderung einen Verstoß gegen den Richtervorbehalt des Artikel 104 Abs. 2 Satz 1 GG dar.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Klagen sind unzulässig.

Die Klagen sind als Fortsetzungsfeststellungsklagen analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Bei den streitgegenständlichen Mitteilungen des Beklagten vom 3. November 2020 handelt es sich um Verwaltungsakte im Sinn von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, die nach ihrer Erledigung im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffen werden können. Zwar ergab sich die Pflicht der Kläger zur 14-tägigen häuslichen Quarantäne für Kontaktpersonen der Kategorie 1 unmittelbar aus der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 18. August 2020 (GZ6a-G8000-2020/572) zur Isolation von Kontaktpersonen der Kategorie I, sodass der Mitteilung des Gesundheitsamtes insoweit keine eigene Regelungswirkung zukam. Dies gilt jedoch nicht für die Einordnung eines Betroffenen als Kontaktperson der Kategorie I und die sich daran anschließende zeitliche Bestimmung der Quarantänefrist. Diese Einordnung ist Ergebnis eines behördlichen Subsumtionsvorgangs unter die vom Robert KochInstitut aufgestellten Kriterien, der im Einzelfall mit Rechtswirkung nach außen verbindlich die sich aus dieser Entscheidung ergebenden Rechtsfolgen festschreibt und dadurch letztlich den Anwendungsbereich der jeweils geltenden Allgemeinverfügung und der sich hieraus ergebenden Quarantänepflicht eröffnet. Die in Streit stehenden Mitteilungen des Gesundheitsamtes vom 3. November 2020 waren daher bis zu ihrer Erledigung durch Ablauf des Quarantänezeitraums am 9. November 2020 eigenständig anfechtbare feststellende Verwaltungsakte im Sinn des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Da sich die Mitteilungen des Beklagten im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erledigt hatten, waren die erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklagen analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO die statthafte Klageart.

Zum Weiterlesen bitte oder kostenlos und unverbindlich registrieren.

Sie haben keinen Zugang und wollen trotzdem weiterlesen?

Registrieren Sie sich jetzt - testen Sie uns kostenlos und unverbindlich

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Business Vogue

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.240 Bewertungen) - Bereits 394.104 Beratungsanfragen

Schnell, verständlich und unkompliziert.
Es muss nicht immer eine hochkomplexe Doktorarbeit sein, um einen guten Job gemacht zu haben.

Burkhardt, Weissach im Tal

Die angeforderte Auskunft bzgl. zurückgeforderter Coronahilfen durch die IHK München hat mich so beeindruckt, dass ich gleich noch eine zweite ...

JG