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Abiturprüfungen in Coronazeiten

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 7 Minuten

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die von ihr befürchtete Einteilung als Aufsichtsperson bei den schriftlichen Abiturprüfungen 2021 von „Quarantäneunterbrechern“ (sog. enge Kontaktpersonen zu einem bestätigten Fall von COVID-19, die an sich quarantänepflichtig wären) an einem Gymnasium, in dem sie als Lehrkraft tätig ist, zu Recht abgelehnt.

Es bestehen bereits gewisse Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Sie ergeben sich daraus, dass keine Erkenntnisse über den Grad der Wahrscheinlichkeit vorliegen, mit der die Antragstellerin am Prüfungstag als Aufsichtsperson oder als Vertreterin einer erkrankten Aufsichtsperson für „Quarantäneunterbrecher“ herangezogen werden könnte. Die Frage nach dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes kann indes dahinstehen, weil jedenfalls ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht - ohne dass dem die Beschwerde etwas entgegen zu setzen vermag - angeführt, dass ein Recht des Beamten zur Verweigerung einer Dienstpflicht nur dann bestehe, wenn die Heranziehung trotz der ergriffenen Schutzmaßnahmen eine unter Fürsorgegesichtspunkten (§ 45 Satz 1 BeamtStG) nicht mehr hinzunehmende Gefahr für Leib und Leben bedeute. Ein solcher Fall ist in der vorliegenden Situation nicht gegeben. Dem Senat erscheint es bereits ausgeschlossen, dass unter den 150 zur Abiturprüfung angemeldeten Schülern des Gymnasiums überhaupt mehr als einige wenige zur Gruppe der „Quarantäneunterbrecher“ zählen. Damit reichen die für diese Gruppe vorgehaltenen, besonders „gesicherten“ beiden Prüfungsräume, deren Überwachung von außen offenbar durch eine gläserne Abtrennung erfolgen kann, unter dem Gesichtspunkt minimierter Infektionsgefahren aus. Das Beschwerdevorbringen konstruiert unter der Annahme verschiedener worst-case-Szenarien eine Gefahr für Leib und Leben der Antragstellerin und geht dabei von einer Reihe zwar theoretisch möglicher, jedoch spekulativer Ereignisse aus, deren Gefährdungspotenzial der Senat gerade vor dem Hintergrund der im angefochtenen Beschluss ausführlich dargestellten Sicherungsmaßnahmen für äußerst gering hält. So ist es natürlich vorstellbar, dass sich die Aufsichtsperson im Zusammenhang mit der Unterbindung eines Unterschleifversuchs oder eines Schwächeanfalls eines Schülers in den Prüfungsraum begeben muss, ohne dass sich jedoch erschließt, warum hierbei nicht eine FFP2-Schutzmaske ausreichend Schutz bieten sollte, sondern darüber hinaus noch eine „Schutzkleidung“ erforderlich wäre.

Im Übrigen weist der angefochtene Beschluss zutreffend darauf hin, dass in einer Schule als Gemeinschaftseinrichtung natürlich eine allgemeine Infektionsgefährdung - im Übrigen in Bezug auf sämtliche Infektionskrankheiten - besteht, denen sich eine Lehrkraft jedoch aufgrund ihrer Dienstleistungsverpflichtung grundsätzlich auszusetzen hat. Die Auffassung, dass im Hinblick hierauf eine Rechtsgrundlage für einen damit verbundenen „Eingriff“ in die körperliche Unversehrtheit des Lehrers zu verlangen sei, trifft nicht zu. Die Beachtung der verschiedenen infektionsschutzrechtlichen Vorgaben und Anweisungen für Schulen stellt die Beschwerde nicht in Abrede. Dass sie zahlreiche, darüber hinaus gehende Schutzmaßnahmen verlangt, vermag ihr nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Prüfungsräume sind mit einer Glaswand ausgestattet, sodass nach Angabe des Antragsgegners die Aufsicht außerhalb des Prüfungsraumes möglich und das Betreten des Prüfungsraumes durch die Aufsichtsperson nicht notwendig ist. Zudem findet eine Luftreinigung über die vorhandene mechanische Lüftungsanlage mit Filter statt, ergänzt durch ein Luftreinigungsgerät mit HEPA14-Filter. Bei Kontakt im Foyer ist ein Abstand von ca. vier Metern zu den Prüflingen gewährleistet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zur Verwendung einer FFP2-Maske.

Nichts Anderes folgt aus dem Umstand, dass die Antragstellerin nach eigenem Vortrag bisher lediglich die Erstimpfung erhalten und damit noch keinen vollständigen Immunschutz gegen Covid-19 ausgebildet hat. Der Schulleiter war im Rahmen seiner organisatorischen Entscheidung, welche Lehrkräfte er für welche Aufsichtsdienste einteilt, nicht gehalten, zunächst anhand medizinischer und infektionsschutzrechtlicher Gesichtspunkte eine „Rangliste“ der zum Aufsichtsdienst heranzuziehenden Lehrkräfte zu erstellen. Ebenso wenig war er dazu verpflichtet, für eine möglichst rasche Vollimpfung der in Betracht kommenden Lehrkräfte zu sorgen. Insoweit war er an die in den maßgeblichen Normen vorgesehenen Grundsätze der Priorisierung gebunden. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin am 1. Mai 2021 mit dem Impfstoff Cominarty (Biontec) geimpft wurde und damit bereits vor der Verabreichung der zweiten Dosis über einen wirksamen, wenn auch nicht vollständigen Impfschutz verfügt. Bereits die erste Impfung reduziert das Risiko, aufgrund einer Covid-19-Erkrankung ins Krankenhaus zu müssen, um etwa 90%.


VGH Bayern, 17.05.2021 - Az: 3 CE 21.1398

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