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Durchführung von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden Schulen

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 7 Minuten

Der Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung den § 28b Absatz 3 Satz 3 des Infektionsschutzgesetzes in der Fassung des Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. April 2021 vorläufig außer Kraft zu setzen, soweit darin ab dem übernächsten Tag die Durchführung von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden Schulen untersagt wird, sobald in einem Landkreis oder in einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 165 überschreitet wurde abgelehnt.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Voraussetzungen zum Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

Der Antragsteller besucht eine Grundschule in K. und begehrt mit einem isolierten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die in § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG geregelte Untersagung von Präsenzunterricht vorläufig außer Vollzug zu setzen.

§ 28b Abs. 3 enthält folgende für den Gegenstand dieser Verfahren bedeutsame Bestimmungen:

Satz 3: Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 165, so ist ab dem übernächsten Tag für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen die Durchführung von Präsenzunterricht untersagt.

Satz 6: Für das Außerkrafttreten der Untersagung nach Satz 3 gilt Absatz 2 Satz 1 und 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass der relevante Schwellenwert bei 165 liegt.

Der Antragsteller macht geltend, durch die Untersagung der Durchführung von Präsenzunterricht nach § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG in seinem Recht auf Bildung (Art. 7 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 EU-Grundrechtecharta, Art. 11 LV BW) verletzt zu sein. § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG sei unverhältnismäßig, da es keine wissenschaftliche Evidenz gebe, dass eine Untersagung von Präsenzunterricht ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 einen relevanten Einfluss auf das Infektionsgeschehen habe. Die Durchführung von Wechselunterricht unter Wahrung von Schutzvorkehrungen käme als milderes Mittel in Betracht. Zudem sei das alleinige Abstellen auf die Sieben-Tage-Inzidenz sachlich unzureichend und nicht verhältnismäßig. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei erforderlich, da Distanzunterricht für Grundschüler vollkommen ungeeignet sei und dem Antragsteller nicht mehr aufzuholende Wissenslücken drohten.

Der Antrag ist abzulehnen.

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Wegen der meist weittragenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsrechtlichen Verfahren auslöst, gilt für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab, der sich noch erhöht, wenn – wie hier – der Vollzug eines Gesetzes ausgesetzt werden soll.

Der Antrag ist abzulehnen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass ohne Erlass der begehrten vorläufigen Außerkraftsetzung von § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG eine Untersagung der Durchführung von Präsenzunterricht unmittelbar bevorsteht. Das Verbot von Präsenzunterricht in Schulen gemäß § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG gilt ab dem übernächsten Tag, nachdem in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 165 überschritten hat. Nach Erhebung des vorliegenden Antrags am 2. Mai 2021 ist die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis der von dem Antragsteller besuchten Schule unter den Schwellenwert von 165 gesunken. Ab dem 9. Mai 2021 trat wegen Unterschreitens der Sieben-Tage-Inzidenz von 165 drei Tage in Folge das Verbot von Präsenzunterricht nach § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG außer Kraft. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist auch seither stetig und stabil gesunken und liegt seit mehreren aufeinanderfolgenden Werktagen unter dem Schwellenwert von 100. Die aktuell bestehende Inzidenz müsste sich verdoppeln, bevor das Verbot von Präsenzunterricht nach § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG erneut greifen könnte.

Sollte sich während der Geltungsdauer des § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG ein Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz auf über 165 abzeichnen, kann erneut ein Antrag auf vorläufige Außerkraftsetzung dieser Vorschrift gestellt werden.

Auf eine Folgenabwägung und eine – ohnehin einem Hauptsacheverfahren vorbehaltene – verfassungsrechtliche Beurteilung von § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG kommt es daher nicht an.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


BVerfG, 20.05.2021 - Az: 1 BvQ 64/21

ECLI:DE:BVerfG:2021:qk20210520.1bvq006421

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Simon, Mecklenburg Vorpommern