Der Hauptantrag der Antragsteller, mit dem sie wörtlich beantragen, § 2 Abs. 1 Satz 1 sowie Satz 2 der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 2. April 2020 (im Folgenden: HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO), in der Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen untersagt werden, vorläufig außer Vollzug zu setzen, ist – bei sachgerechter Auslegung – zwar zulässig, aber unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, dass die Antragsteller die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sowie das Bestehen des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (Anordnungsanspruch), glaubhaft machen.
Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient grundsätzlich nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll hier regelmäßig nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Die von den Antragstellern begehrte Feststellung stellt sich allerdings insbesondere angesichts der befristeten Geltung des § 2 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO bis 30. April 2020 (§ 34 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO) als eine endgültige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Wird – wie hier – die Hauptsache vorweggenommen, kann dem Eilantrag nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings unabweisbar ist. Dies setzt hohe Erfolgsaussichten, also eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache, sowie schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile im Falle des Abwartens in der Hauptsache voraus. Derart erhöhte Maßstäbe sind hier auch schon deshalb anzulegen, da der Sache nach die Gültigkeit einer Rechtsnorm vorübergehend suspendiert werden soll, wofür in einem Verfahren nach § 46 Abs. 6 VwGO auch eine besonders strenge Interessenabwägung vorzunehmen wäre.
Gemessen daran haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht mit dem für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Maß an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, so dass es auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht mehr ankommt. Nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung haben die Antragsteller voraussichtlich keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass es ihnen nicht aufgrund von § 2 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO verboten ist, in Kirchen an Gottesdiensten teilzunehmen bzw. solche zu veranstalten.
Das Abhalten von Gottesdiensten in Kirchen und die Teilnahme an solchen verstößt gegen § 2 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO. Danach sind öffentliche und nicht-öffentliche Veranstaltungen und Versammlungen untersagt, soweit sie nachstehend nicht gestattet sind (Satz 1). Diese Untersagung gilt nach Satz 2 ausdrücklich auch für Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften. Eine Ausnahme von dem Veranstaltungs- und Versammlungsverbot enthält die HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO für Gottesdienste nicht.
Ein Anspruch auf die von den Antragstellern begehrte, § 2 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO widersprechende Feststellung folgt nicht daraus, dass die Norm offensichtlich rechtswidrig und nichtig wäre. Vielmehr erweist sich diese nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig.
§ 2 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO findet in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Die Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG ist in der zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Fassung, die sie durch das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 27. März 2020 (BGBl. 2020 I S. 587 ff.) erhalten hat, jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht zu beanstanden.
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