Die Vergleichbarkeit einer Ausbildung (hier: „Fernstudium Rechtswirt/in (FSH)“ bei der Fachakademie Saar für Hochschulbildung) mit einer Hochschulausbildung i.S.v.
§ 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG in der ab 27. Juli 2019 geltenden Fassung kann bereits am geringen zeitlichen Umfang (hier: 640 bis 860 Stunden) scheitern (im Anschluss an BGH, 19.07.2017 - Az:
XII ZB 162/17).
Hierzu führte das Gericht aus:
Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG in der hier maßgeblichen ab dem 27. Juli 2019 geltenden Fassung (Art. 4 des Gesetzes zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung vom 22. Juni 2019; BGBl. I, 866) richtet sich die Vergütung eines Berufsbetreuers nach der Vergütungstabelle C, wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, verfügt und diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
Zu der vergleichbaren Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG in der bis zum 26. Juli 2019 geltenden Fassung hat der Senat wiederholt entschieden, dass eine Ausbildung dann einer Hochschulausbildung vergleichbar ist, wenn sie in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht.
Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffs und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung kann auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach der Novellierung des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes fest. Denn durch das Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung vom 22. Juni 2019 wollte der Gesetzgeber vornehmlich die Vergütung für berufliche Betreuer durch die Einführung von Fallpauschalen anpassen. Die unter dem bisherigen Recht geltenden Kriterien zur Bestimmung der Vergütung des Betreuers - wie die Qualifikation des Betreuers - sollten dabei aber ausdrücklich beibehalten werden (BT-Drucks. 19/8694 S. 1, 2, 24).
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat.
Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des Landgerichts, wonach die von der Betreuerin absolvierte Ausbildung zur Rechtswirtin nicht mit einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule i.S.v. § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG vergleichbar ist, stand.
Insbesondere ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Vergleichbarkeit schon mit Blick auf den einem Hochschulstudium nicht ansatzweise vergleichbaren zeitlichen Umfang von 640 bis 860 Stunden abgelehnt hat. Mit Blick auf diesen gegenüber einem (Fach-)Hochschulstudium wesentlich geringeren zeitlichen Umfang der Ausbildung fehlt es bereits deshalb an einer Vergleichbarkeit, ohne dass es auf weitere Umstände ankommt. Daher kann auch dahinstehen, inwiefern der Betreuerin durch ihre Ausbildung zur Rechtswirtin besondere und für die Betreuung nutzbare Kenntnisse vermittelt worden sind.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch nichts Anderes aus dem vom Senat entschiedenen Fall der Fortbildung zum „Zertifizierten Betreuer - Curator de jure“ an der Technischen Hochschule Deggendorf (vgl. BGH, 12.04.2017 - Az:
XII ZB 86/16). Zwar hat der Senat in dieser Entscheidung die tatrichterliche Würdigung gebilligt, wonach bei der Ausbildung zum „Zertifizierten Betreuer - Curator de jure“ mit 90 ECTS (2.700 Stunden) bei einer Ausbildungsdauer von vier Semestern die zeitliche Abweichung nicht so gewichtig ist, weil die Ausbildung andere Kriterien erfüllte, die für die Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium kennzeichnend sind. Für diese Entscheidung war jedoch von besonderer Bedeutung, dass durch die Ausbildung zum „Zertifizierten Betreuer - Curator de jure“ ausschließlich betreuungsrechtlich relevante Ausbildungsinhalte vermittelt wurden. Hiermit ist das von der Betreuerin absolvierte Fernstudium zur Rechtswirtin jedoch weder hinsichtlich des zeitlichen Umfangs noch in Bezug auf die Ausbildungsinhalte vergleichbar.
Da im vorliegenden Fall bereits der zeitliche Aufwand der von der Betreuerin absolvierten Ausbildung so erheblich hinter dem einer (Fach-)Hochschulausbildung zurückbleibt, bedarf die von Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob die Zulassungsvoraussetzungen einer Ausbildung ein taugliches Kriterium für die Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer (Fach-)Hochschulausbildung darstellen, keiner Beantwortung. Jedenfalls ist nichts dagegen zu erinnern, wenn die Zulassungsvoraussetzungen einer Ausbildung als unterstützendes Kriterium hierfür herangezogen werden.