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Ist eine zwangsweise ambulante ärztliche Behandlung zulässig?

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Über eine ärztliche Behandlung entscheidet der Betreute selbst, sofern er einwilligungsfähig ist. Dies ist nicht gleich bedeutend mit geschäftsfähig, sondern erfordert nur, dass der Betreute nach entsprechender, seiner psychischen Situation angepasster ärztlicher Aufklärung in der Lage ist, Tragweite, Chancen und Risiken der vorgesehenen Maßnahme zu erfassen und gegen einander abzuwägen.

Eine Entscheidung des Betreuten gegen die Behandlung muss bei vorhandener Einwilligungsfähigkeit auch dann akzeptiert werden, wenn sie Außenstehenden unvernünftig erscheint. Die Übertragung des Aufgabenkreises "Gesundheitsfürsorge" auf den Betreuer gestattet diesem nur, für den nicht einwilligungsfähigen Betreuten zu entscheiden.

Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes ändert daran nichts, weil es sich bei der Einwilligung in eine ärztliche Maßnahme nicht um eine Willenserklärung im Sinne von § 1903 BGB handelt. Allerdings wird bei zweifelhafter Einwilligungsfähigkeit z. T. die Auffassung vertreten, dass in entsprechender Anwendung des § 1903 BGB vom Betreuungsgericht ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden könne und der Betreute dann einer vom Betreuer genehmigten ärztlichen Maßnahme nicht mehr widersprechen könne.

Die Frage, inwieweit der unmittelbare Widerstand eines nicht einwilligungsfähigen Betreuten gegen eine vom Betreuer genehmigte ambulante ärztliche Maßnahme trotzdem beachtet werden muss, ist streitig. Eine ambulante Dauertherapie mit Depot - Spritzen, die der Vermeidung einer Unterbringung des Betroffenen dienen soll, kann auch beim nicht einwilligungsfähigen Betreuten gegen seinen natürlichen Willen nicht durchgesetzt werden, weil es dafür keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gibt.

"Die gegen den Willen eines Betreuten in regelmäßigen (hier: zweiwöchentlichen) Zeitabständen durchzuführende Dauermedikation mit Neuroleptika und die zwangsweise Zuführung des Betreuten zu dieser - jeweils kurzfristigen - Behandlung stellen keine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahme dar und sind nicht nach § 1906 II i.V. mit § 1906 I Nr. 2 oder § 1906 IV BGB genehmigungsfähig.

BGH, Beschluß vom 11. 10. 2000 - XII ZB 69/00 (Hamm)"

Die einzige Vorschrift, welche eine Zwangsbehandlung erlaubt, ist § 1906 Abs.1 Ziff. 2 BGB, allerdings nicht ambulant, sondern im Rahmen einer Unterbringung. Diese Auffassung vertritt auch der BGH in seiner oben zitierten Entscheidung. Eine solche Untebringung setzt allerdings voraus, dass der angestrebte Heilerfolg durch die Unterbringung erreicht werden kann.

"Soll ein Betroffener für eine Heilbehandlung untergebracht werden und hierfür die Betreuung auf die Aufgabenkreise Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung erweitert werden, so ist dies nur dann erforderlich, wenn die Heilbehandlung in einer geschlossenen Einrichtung überhaupt in Frage kommt. Die bedeutet, dass die Behandlung nach vorläufiger Einschätzung erfolg verspricht sowie nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unumgänglich erscheint.

OLG Schleswig-Holstein, 19.4.2007 - Az: 2 W 5/07"

Damit dürften ambulante Zwangsbehandlungen nur erlaubt sein, wenn bei ihrem Unterbleiben akut Lebens- oder schwere Gesundheitsgefahren für den Betreuten bestehen und das Eingreifen unaufschiebbar ist, also in Notstandssituationen. Andernfalls müsste die Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen zur Behandlung beantragt werden.
Stand: 06.07.2015 (aktualisiert am: 21.05.2025)
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