Rechtsanwälte können
Erstberatungen oftmals zu sehr günstigen Preisen anbieten. Kommt es zur Vertretung bei Gericht, so fällt dieser Spielraum weg. Es gibt sogar eine klare Vorgabe, was mindestens zu berechnen ist, wobei es grundsätzlich erlaubt ist, noch höhere Gebühren zu berechnen.
Mindestgebühr ist gesetzlich geregelt
Nach § 49 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist es „unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorsieht, soweit dieses nichts anderes bestimmt. Im Einzelfall darf der Rechtsanwalt besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers, insbesondere dessen Bedürftigkeit, Rechnung tragen durch Ermäßigung oder Erlass von Gebühren oder Auslagen nach Erledigung des Auftrags.“
Im gerichtlichen Verfahren richten sich die vom Anwalt mindestens zu berechnenden Gebühren nach dem Gegenstands- oder Streitwert. Gibt es keinen greifbaren Gegenstandswert, so wird in der Regel auf einen sogenannten Auffangstreitwert zurückgegriffen, damit sich die Gebühren beziffern lassen. Dies sind in aller Regel je nach Fall 5.000 € bzw. 10.000 €.
Beispielrechnung: Ein Rechtsanwalt beantragt für den Mandanten „im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass der Antragsteller, wie in seinem Genesenenausweis vom 13.12.2021 bescheinigt, bis einschließlich 14.05.2022 als genesene Personen gelten und die Dauer dieses Genesenenstatuts nicht durch die neue COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung in der Fassung vom 14. Januar 2022 verkürzt worden ist.“
Das Verwaltungsgericht (VG) weist den Antrag ohne mündliche Verhandlung zurück und setzt den Wert der Sache auf 10.000,00 € fest.
Folgende Gebühren sind dann vom Rechtsanwalt abzurechnen:
1,3 Verfahrensgebühr (1. Rechtszug) gem. Nr. 3100 VV RVG |
847,60 € |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
Nettobetrag |
867,60 € |
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG |
164,84 € |
Gesamtbetrag |
1.032,44 € |
Parallel zum Antrag auf einstweilige Anordnung hat der Mandant seinen Rechtsanwalt beauftragt, in der Hauptsache Klage zu erheben. Nach reiflicher Überlegung und überzeugendem Auftreten des Rechtsanwalts in der mündlichen Verhandlung gibt das Verwaltungsgericht der Klage in der Hauptsache statt.
Für die Rechtanwaltsgebühren bedeutet das: Da die gerichtlichen Eilverfahren nach § 17 Nr. 4 RVG eine gegenüber dem Hauptsacheverfahren verschiedene Angelegenheit bilden, erhält der Anwalt dafür die Gebühren gesondert neben denen für das Hauptverfahren. Der Rechtsanwalt kann daher - zusätzlich zu den Gebühren, die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes angefallen sind - abrechnen:
1,3 Verfahrensgebühr (1. Rechtszug) gem. Nr. 3100 VV RVG |
847,60 € |
1,2 Terminsgebühr (1. Rechtszug) gem. Nr. 3104 VV RVG |
782,40 € |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
Nettobetrag |
1.650,00 € |
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG |
313,50 € |
Gesamtbetrag |
1.963,50 € |
Gibt es Ausnahmen von den gesetzlichen Gebühren?
Auch wenn grundsätzlich nach den Gebühren abzurechnen ist, die das RVG vorsieht, so gibt es hiervon Ausnahmen.
Für den Mandanten sind die Fälle von besonderem Interesse, in denen unterhalb der RVG-Sätze abgerechnet werden darf. Hierzu bestimmt § 4 RVG (Unterschreitung der gesetzlichen Vergütung), dass in „außergerichtlichen Angelegenheiten … eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden“ kann. … Ist Gegenstand der außergerichtlichen Angelegenheit eine Inkassodienstleistung (§ 2 Absatz 2 Satz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes) oder liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe vor, gilt Satz 2 nicht und kann der Rechtsanwalt ganz auf eine Vergütung verzichten.“
Dass bedeutet: Bei der außergerichtlichen Rechtsberatung kann von den gesetzlichen Gebühren nach unten abgewichen werden.
Wird aber ein Gericht mit der Streitsache befasst, müssen die Gebühren abgerechnet werden, die das RVG vorgibt.
Gibt es eine Gebührenermäßigung nach Erledigung des Auftrags?
Es können „besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers, insbesondere dessen Bedürftigkeit“ in der Weise berücksichtigt werden, dass der Rechtsanwalt dem Auftraggeber Gebühren oder Auslagen ermäßigt oder erlässt, nachdem der Auftrag abgeschlossen wurde.