Die Rechtmäßigkeit einer Ausweisung nach § 53 Abs. 1 AufenthG hängt davon ab, ob das öffentliche Interesse an der Ausreise eines Ausländers das Interesse an seinem weiteren Verbleib überwiegt. Maßgeblich ist eine eigenständige gerichtliche Prüfung der Gefahrenprognose sowie eine umfassende Abwägung zwischen Ausweisungs- und Bleibeinteressen auf Grundlage der aktuellen Sach- und Rechtslage.
Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 und 1d Buchst. b AufenthG liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor, wenn ein Ausländer zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder wegen vorsätzlicher Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde. Weitere Verurteilungen können ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 10 Alt. 1 AufenthG begründen. Eine Häufung vorsätzlicher Straftaten schließt die Annahme geringfügiger Verstöße regelmäßig aus.
Ein Vertrauensschutz, der das Ausweisungsinteresse entfallen ließe, entsteht nur, wenn die Ausländerbehörde durch ihr Verhalten eine gesicherte Rechtsposition geschaffen hat. Frühere ausländerrechtliche Verwarnungen führen auch dann nicht zu einem Verbrauch des Ausweisungsinteresses, wenn sie nach einzelnen Verurteilungen ausgesprochen wurden, deren Kenntnisstand der Behörde unvollständig war. Durch erneute Straftaten aktualisierte Ausweisungsinteressen können zudem wieder berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, 22.02.2017 - Az: 1 C 3.16).
Die Ausweisung kann sowohl spezial- als auch generalpräventiv begründet werden. Eine spezialpräventive Ausweisung setzt voraus, dass vom Verhalten des Ausländers weiterhin eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Wiederholte und über Jahre begangene Straftaten rechtfertigen auch bei teilweiser Bewährungsentscheidung eine eigenständige negative Gefahrenprognose. Eine abweichende Beurteilung durch Strafgerichte bindet die Ausländerbehörde oder das Verwaltungsgericht nicht, sondern wirkt lediglich als Indiz (vgl. BVerfG, 18.04.2024 - Az: 2 BvR 29/24).
Zur Annahme einer Wiederholungsgefahr genügt eine nicht allzu hohe Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls, wenn wiederholt gewichtige Rechtsgüter wie die körperliche Unversehrtheit verletzt wurden (vgl. BVerwG, 15.01.2013 - Az: 1 C 10.12). Bleibt eine vom Gericht angeforderte Mitwirkung, etwa durch Vorlage aktueller Nachweise zur Bewährung oder Therapie, aus, kann dies zulasten der Prognose gewertet werden.
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