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Täuschung über Staatsangehörigkeit kann Fluchtgefahr begründen: Abschiebungshaft zulässig

Ausländerrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Die Annahme von Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG setzt konkrete Anhaltspunkte voraus, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Entziehung der Abschiebung begründen. Nach § 62 Abs. 3b Nr. 1 AufenthG kann ein solcher Anhaltspunkt insbesondere vorliegen, wenn über die Identität in einer für die Abschiebung erheblichen Weise getäuscht wurde. Zur Identität gehören neben den Personalien auch die Staatsangehörigkeit. Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung der Vorschrift und der Auslegung anhand der einschlägigen Normen des Aufenthaltsrechts (vgl. BGH, 26.01.2021 - Az: XIII ZB 20/20; BGH, 11.07.2023 - Az: XIII ZA 3/23).

Falsche Angaben zur Staatsangehörigkeit können die Identifizierung durch die zuständigen Behörden erheblich erschweren und somit den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen verzögern. Die Angabe einer abweichenden Staatsangehörigkeit im behördlichen Verfahren stellt daher eine Identitätstäuschung im Sinne der Vorschrift dar. Im zu entscheidenden Fall war durch widersprüchliche Angaben zur Staatsangehörigkeit und das Unterlassen einer rechtzeitigen Klarstellung die Identifizierung über Jahre hinweg nicht möglich. Dies führte zu einer erheblichen Verzögerung des Abschiebungsverfahrens und begründete ein hohes Gewicht des täuschenden Verhaltens im Rahmen der Gesamtwürdigung.

Neben der Identitätstäuschung können weitere Umstände die Annahme von Fluchtgefahr stützen. Hierzu gehören ein fehlender fester Aufenthalt, nicht angegebene Wohnanschriften trotz bestehender Pflicht hierzu sowie eine fehlende Erreichbarkeit für die zuständige Behörde. Im vorliegenden Fall ergaben sich zusätzliche konkrete Hinweise auf ein Entziehungsrisiko daraus, dass der Betroffene über längere Zeit unbekannten Aufenthalts war und keinerlei stabile soziale oder räumliche Bindungen vorlagen.

Auch die Dauer der angeordneten Haft erfordert eine am Beschleunigungsgebot orientierte Prüfung. Maßgeblich ist, ob die Behörde alle organisatorisch und rechtlich möglichen Schritte unternommen hat, um die Abschiebung so zeitnah wie möglich durchzuführen. Dabei kann eine sicherheitsbegleitete Abschiebung oder eine erforderliche Chartermaßnahme die Dauer der Haft bestimmen, sofern eine frühere und zugleich sichere Rückführung objektiv nicht möglich ist (vgl. BGH, 20.04.2021 - Az: XIII ZB 47/20; BGH, 17.09.2024 - Az: XIII ZB 23/22).

Im Ergebnis kann eine erhebliche Verzögerung des Abschiebungsverfahrens durch eine Identitätstäuschung in Verbindung mit weiteren gewichtigen Umständen die Feststellung von Fluchtgefahr rechtfertigen. Die Haftanordnung ist dann rechtmäßig, wenn der Haftantrag den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG genügt, die Haftdauer ausreichend dargelegt und das Beschleunigungsgebot beachtet wurde.


BGH, 06.10.2025 - Az: XIII ZB 63/22

ECLI:DE:BGH:2025:061025BXIIIZB63.22.0

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