Die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis setzt voraus, dass die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG erfüllt sind. Dazu gehört insbesondere das Nichtvorliegen eines Ausweisungsinteresses gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Fehlt diese Voraussetzung, ist eine Titelerteilung grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, es liegt ein atypischer Ausnahmefall vor.
Ein atypischer Ausnahmefall ist nur gegeben, wenn Umstände vorliegen, die das Gewicht der nicht erfüllten Regelerteilungsvoraussetzung neutralisieren. Maßgeblich sind dabei etwa besonders schwerwiegende oder schwerwiegende Bleibeinteressen nach § 55 AufenthG, atypische Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG oder verfassungs-, unions- oder konventionsrechtliche Vorgaben, insbesondere aus Art. 8 EMRK. Allein entgegenstehende Bleibeinteressen reichen jedoch nicht aus; vielmehr ist eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich (VGH Baden-Württemberg, 29.04.2025 - Az: 12 S 1057/24).
Arbeitgeberinteressen oder eine behauptete Bedeutung der Tätigkeit für öffentliche Infrastrukturmaßnahmen können keine Atypik begründen. Solche Erwägungen wären arbeitsmarktpolitischer Natur und damit für die rechtliche Prüfung unbeachtlich. Die Betrachtung hat sich ausschließlich auf die persönliche Situation sowie die Integration des Betroffenen zu konzentrieren.
Auch eine längere Aufenthaltsdauer oder wirtschaftliche Integration vermögen für sich genommen keinen atypischen Ausnahmefall darzustellen. Ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG setzt das Bestehen einer gültigen Aufenthaltserlaubnis voraus; eine Fiktionsbescheinigung genügt hierfür nicht (BVerwG, 16.11.2023 - Az: 1 C 32.22).
Strafrechtliche Verfehlungen wie Urkundenfälschung oder Fahren ohne Fahrerlaubnis stehen einer positiven Integrationsprognose entgegen. Auch die Vorlage eines gefälschten Sprachzertifikats verstärkt das Gewicht des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 2 Nr. 10 Alt. 1 AufenthG. Ein nachträglich aufgenommener Integrationskurs oder subjektive Zukunftspläne – etwa eine gemeinsame Lebensplanung mit der Ehefrau – sind rechtlich unerheblich, solange keine schutzwürdigen familiären oder sonstigen Bindungen im Sinne von Art. 8 EMRK dargelegt sind.
In einer solchen Konstellation fehlt es an einem atypischen Ausnahmefall, der ein Absehen von der Nichterfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG rechtfertigen könnte.