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Erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung nach neuem Reisekostenrecht

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

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Entsendet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum von nicht mehr als 48 Monaten an seine inländische Betriebsstätte, ohne hierzu einen lokalen Arbeitsvertrag abzuschließen, begründet der Arbeitnehmer an dieser betrieblichen Einrichtung für die Dauer der Entsendung keine erste Tätigkeitsstätte.

Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach es erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören, kann nicht der Rechtssatz entnommen werden, dass während jeder - noch so kurz bemessenen - Auswärtstätigkeit ein geringer Tätigkeitsumfang am Ort der ersten Tätigkeitsstätte verbleiben muss.

Die arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG fehlt nur dann, wenn der Arbeitgeber von einer solchen arbeitsrechtlichen Festlegung unbewusst oder bewusst absieht. Fehlt einer vom Arbeitgeber getroffenen Zuordnungsentscheidung lediglich die Dauerhaftigkeit im Sinne des § 9 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 EStG, kommt eine Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte nach quantitativen Kriterien nicht in Betracht.

Das in § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG enthaltene Merkmal „dauerhaft“ ist dahingehend auszulegen, dass der Arbeitnehmer „bis auf Weiteres“ oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an der betrieblichen Einrichtung tätig werden soll.

Die Aufteilung von Unterkunftskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5a Satz 3 EStG kann aufgrund einer sogenannten modifizierten Aufteilung nach Köpfen erfolgen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Im Streitfall entsendete der Arbeitgeber seinen am Stammsitz in Brasilien unbefristet angestellten Arbeitnehmer für einen Zeitraum von 24 Monaten an eine inländische Betriebsstätte in Deutschland. Grundlage für die Entsendung war kein dafür abgeschlossener lokaler Arbeitsvertrag, sondern eine Entsendungsvereinbarung. Nach dieser verblieb der Kläger Arbeitnehmer der Heimatgesellschaft in Brasilien. Die Regelungen des Arbeitsvertrags mit der Heimatgesellschaft sollten gültig bleiben, soweit in der Entsendevereinbarung keine abweichenden Regelungen getroffen wurden. Der Kläger wurde von seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind begleitet und wohnte mit diesen in einer gemeinsamen Wohnung. Die Eigentumswohnung in Brasilien behielten die Eheleute während der Entsendung bei. Die für die in Deutschland angemietete Wohnung entstandenen Unterkunftskosten erstattete der Arbeitgeber dem Kläger steuerfrei.

Im Streitjahr verrichtete der Kläger seine tägliche Arbeit an der inländischen Betriebsstätte seines Arbeitgebers, davon 120 Tage im Homeoffice. Nahezu täglich führte der Kläger Videokonferenzen mit seinem brasilianischen Arbeitgeber durch.

Die gesamten Unterkunftskosten wurden vom Arbeitgeber des Klägers übernommen, im Rahmen des deutschen Lohnsteuerabzugsverfahrens einschließlich der in Brasilien angefallenen Steuern als steuerpflichtiger Arbeitslohn erfasst und aufgrund der Nettolohnvereinbarung zuzüglich übernommener Lohnsteuerabzugsbeträge auf einen Bruttobetrag hochgerechnet. Die Kläger begehrten die Unterkunftskosten, soweit diese berufsbedingt auf den Kläger entfielen, im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei zu stellen und auch insoweit den vereinbarten Nettolohn nicht um eine darauf entfallende Lohnsteuer zu erhöhen.


FG Niedersachsen, 14.05.2025 - Az: 9 K 94/23

ECLI:DE::2025:0514.9K94.23.00

Quelle: PM des FG Niedersachsen

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