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Rückzahlungsvereinbarung für Lehrgangskosten bei altersabhängiger Prüfungspflicht unwirksam

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Eine Rückzahlungsvereinbarung über Weiterbildungskosten ist unwirksam, wenn die zugrunde liegende Anordnung der Teilnahme an der Fortbildung gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber nur von Beschäftigten unterhalb einer bestimmten Altersgrenze den Nachweis einer sogenannten „Ersten Prüfung“ verlangt, während ältere Beschäftigte hiervon befreit werden.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Eingruppierungsvoraussetzungen der Entgeltordnung (VKA) sehen für bestimmte Tätigkeiten im öffentlichen Dienst die Ablegung einer „Ersten Prüfung“ vor. Nach der aktuellen Fassung entfällt diese Pflicht lediglich bei einer mindestens zwanzigjährigen Berufserfahrung. Eine frühere tarifliche Regelung, die Beschäftigte ab dem 40. Lebensjahr von der Prüfungspflicht befreite, wurde im Jahr 2017 aufgehoben, da sie mit dem Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nicht vereinbar war. Die Übergangsregelung (§ 29a Abs. 7 TVÜ-VKA) schützt lediglich solche Beschäftigten, die vor dem 31. Dezember 2016 bereits aufgrund der Altersgrenze befreit waren.

Die Fortführung dieser früheren, altersbezogenen Regelung durch den Arbeitgeber führt zu einer unmittelbaren Altersdiskriminierung im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG. Wird die Ablegung der Prüfung weiterhin nur von unter 40-Jährigen verlangt, liegt eine weniger günstige Behandlung wegen des Alters vor. Eine sachliche Rechtfertigung nach § 10 AGG besteht nicht. Das Lebensalter ist kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung der fachlichen Qualifikation oder Erfahrung. Damit verstößt eine solche Praxis gegen § 7 Abs. 1 AGG und zieht nach § 7 Abs. 2 AGG die Unwirksamkeit entsprechender Vereinbarungen nach sich.

Die Anwendung der aufgehobenen tariflichen Altersregelung auch nach dem Stichtag 31. Dezember 2016 stellt die Fortsetzung einer unzulässigen Ungleichbehandlung dar. Beschäftigte, die jünger als 40 Jahre sind, erfahren dadurch eine unmittelbare Benachteiligung, da sie im Gegensatz zu älteren Kolleginnen und Kollegen zur Ablegung der Prüfung verpflichtet werden. Nach dem Grundsatz der „Angleichung nach oben“ sind sie so zu behandeln, als gälten für sie die günstigeren Bedingungen der begünstigten Gruppe (vgl. BAG, 10.11.2011 - Az: 6 AZR 481/09; BAG, 18.10.2016 - Az: 9 AZR 123/16).

Eine Rückzahlungsvereinbarung, die auf einer solchen diskriminierenden Grundlage beruht, ist unwirksam. Der Arbeitgeber kann keine Rückzahlung von Freistellungskosten verlangen, wenn die zugrunde liegende Pflicht zur Teilnahme an der Fortbildung altersdiskriminierend war. Da die Rückzahlungsvereinbarung auf der unzulässigen Ungleichbehandlung beruhte, entfällt ihre Wirksamkeit gemäß §§ 7 Abs. 1, 2 AGG.


ArbG Villingen-Schwenningen, 21.05.2025 - Az: 8 Ca 39/25

ECLI:DE:ARBGVIL:2025:0521.8CA39.25.00

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