Rechtsfrage klären? Wir beraten per   E-Mail  -   Video  -   Telefon  -   WhatsAppBewertung: - bereits 388.282 Anfragen

Arbeitsunfähigkeit nachträglich ärztlich festgestellt

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Das Fehlen einer lückenlosen, für die weitere Bewilligung von Krankengeld nötigen Arbeitsunfähigkeits-Feststellung beendet an sich die nach § 192 Absatz 1 Nummer 2 SGB V aufrechterhaltene Pflichtmitgliedschaft und den Krankenversicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld.

Grundsätzlich hat der Versicherte im Sinne einer Obliegenheit dafür Sorge zu tragen, dass eine rechtzeitige ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Feststellung erfolgt.

Insoweit sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber enge Ausnahmen anerkannt worden, bei deren Vorliegen der Versicherte so zu behandeln ist, als hätte er von dem aufgesuchten Arzt rechtzeitig die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erhalten.

Einem „rechtzeitig“ erfolgten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit steht es danach gleich, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat und rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden beziehungsweise -erhaltenden zeitlichen Grenzen versucht hat, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten, und es zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt aus dem Vertragsarzt und der Krankenkasse zurechenbaren Gründen erst verspätet, aber nach Wegfall dieser Gründe gekommen ist.

Ob dem so ist, erfordert eine wertende Betrachtung der Risiko- und Verantwortungsbereiche des Versicherten, des Arztes und der Krankenkasse. In diese fließen verfassungsrechtliche Vorgaben mit ein.

Nach diesen Maßstäben wahrt ein Versicherter seinen Anspruch auf weiteres Krankengeld durch rechtzeitiges Tätigwerden grundsätzlich auch dann, wenn er ohne zuvor vereinbarten Termin am ersten Tag nach einer zuvor festgestellten Arbeitsunfähigkeit die Praxis des behandelnden Arztes zu üblicher Öffnungszeit persönlich aufsucht, um wegen derselben Krankheit eine Arbeitsunfähigkeits-Folgefeststellung zu erlangen.

Ohne Vorliegen besonderer Umstände darf ein Versicherter grundsätzlich darauf vertrauen, eine Arbeitsunfähigkeits-Folgefeststellung seines behandelnden Vertragsarztes wegen derselben Krankheit auch dann zu erlangen, wenn er die Arztpraxis ohne zuvor vereinbarten Termin am letzten noch anspruchserhaltenden Tag zu üblicher Öffnungszeit persönlich aufsucht.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet angesichts der Schwere des Nachteils, der im dauerhaften Verlust des Krankengeldanspruchs durch die Beendigung der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft nach § 192 Absatz 1 Nummer 2 SGB V liegt, eine Fortentwicklung der in der Senatsrechtsprechung anerkannten Ausnahmefallgruppen von der strikten Anwendung der Ausschlussregelung des § 46 Satz 1 Nummer 2 SGB V auch in „Altfällen“ bis zum 10. Mai 2019, in denen die Arbeitsunfähigkeit nachträglich ärztlich festgestellt wird und das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit feststeht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherte sich um eine rechtzeitige ärztliche Feststellung zumindest ernsthaft bemüht hat. Die Anforderungen hieran sind aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu überspannen.


BSG, 21.09.2023 - Az: B 3 KR 11/22 R

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von ComputerBild

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.235 Bewertungen) - Bereits 388.282 Beratungsanfragen

Ich bekam eine schnelle , sehr ausführliche, kompetente Beratung durch Herrn Dr. jur. Jens-Peter Voß. Dadurch fiel mir die Entscheidung, das Angebot ...

Verifizierter Mandant

Sehr professionell und ausgiebig beraten. Sehr empfehlenswert

Eveline Da Cuna Da Silva , Duisburg