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Sozialplan der Einigungsstelle kann rentennahe Arbeitnehmer ausschließen

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 33 Minuten

Die Regelungen eines Sozialplans verletzen die Untergrenze des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG noch nicht, wenn rentennahe Arbeitnehmer von Abfindungen ausgeschlossen werden. Dies führt weder zu einer Ermessensüberschreitung noch verstößt es gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 Abs. 1 BetrVG iVm. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG.

Nach § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG hat die Einigungsstelle bei ihrer Entscheidung über einen Sozialplan sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Im Rahmen billigen Ermessens muss sie unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls Leistungen zum Ausgleich oder zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsehen, dabei die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigen und bei der Bemessung des Gesamtbetrags der Sozialplanleistungen darauf achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach der Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden (§ 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG; vgl. BAG, 22.01.2013 - Az: 1 ABR 85/11). Der Ausgleichs- und Milderungsbedarf bemisst sich ausschließlich nach den den Arbeitnehmern entstehenden Nachteilen und nicht nach der Wirtschaftskraft des Unternehmens. Der wirtschaftlichen Vertretbarkeit des Sozialplans für den Arbeitgeber kommt - wie § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG zeigt - lediglich eine Korrekturfunktion zu.

Ob und welche Nachteile ganz oder teilweise ausgeglichen und welche lediglich gemildert werden sollen, liegt im Ermessen der Einigungsstelle. Hierbei verfügt sie - wie die Betriebsparteien - über einen Gestaltungsspielraum. Ein Sozialplan muss die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer nicht notwendigerweise möglichst vollständig ausgleichen. Die Einigungsstelle kann auch von einem Nachteilsausgleich gänzlich absehen oder nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden. Sie ist desgleichen nicht gehalten, alle denkbaren Nachteile zu entschädigen. Ein Sozialplan ist daher nicht allein deswegen ermessensfehlerhaft, weil er nicht sämtliche mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile der Arbeitnehmer vollständig ausgleicht, obwohl dies dem Unternehmen wirtschaftlich möglich wäre. Allerdings darf er nicht den Normzweck des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verfehlen, die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer zumindest zu mildern.

Aus dieser Funktion des Sozialplans ergeben sich Grenzen für die Ermessensausübung der Einigungsstelle. Sie darf - als Obergrenze - kein größeres Gesamtvolumen des Sozialplans vorsehen als selbst für den vollen Ausgleich aller wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer erforderlich ist. Zudem muss sie grundsätzlich - als Untergrenze - mindestens Leistungen vorsehen, die noch als spürbare Milderung der wirtschaftlichen Nachteile angesehen werden können. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verlangt eine substantielle Milderung der mit der Betriebsänderung einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile. Andernfalls sind die sozialen Belange der Arbeitnehmer iSd. § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG nicht hinreichend berücksichtigt. Wo genau diese Untergrenze für Sozialplanleistungen verläuft, kann nur mit Rücksicht auf die Verhältnisse im Einzelfall - insbesondere das Gewicht der die Arbeitnehmer treffenden Nachteile -festgestellt werden.

Bei der Bestimmung der ausgleichsbedürftigen Nachteile kommt der Einigungsstelle ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen, die sich regelmäßig nicht in allen Einzelheiten sicher vorhersagen lassen, sondern nur Gegenstand einer Prognose sein können. Eine pauschalierende und typisierende Bewertung der wirtschaftlichen Nachteile ist daher zumeist unumgänglich.

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Eveline Da Cuna Da Silva , Duisburg