Die Einschätzung, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung eine geeignete Schutzmaßnahme zur Einschränkung der Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus ist, ist nicht zu beanstanden.
Ob die Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung am Arbeitsplatz verhältnismäßig ist, ist offen geblieben. Im Rahmen einer Interessenabwägung im Einzelfall hat das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Anordnung überwogen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Anordnung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes erweist sich nicht als offensichtlich rechtswidrig.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass es sich bei der Erkrankung COVID-19 um eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG handelt.
Hinsichtlich der Art und des Umfanges der Bekämpfungsmaßnahmen wird der Behörde ein Ermessen eingeräumt, denn es lässt sich nicht im Vorfeld für sämtliche Krankheiten bestimmen, welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Allerdings muss es sich um notwendige Schutzmaßnahmen handeln, deren Anordnung zur Verhinderung der (Weiter-) Verbreitung der Krankheit geboten ist. Darüber hinaus sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt.
Die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung eine geeignete Schutzmaßnahme ist, um die Weiterverbreitung der Krankheit einzuschränken, ist nicht zu beanstanden. In einer aktuellen Empfehlung stellt die WHO zwar fest, dass der Einsatz von nicht zertifizierten Masken, die Mund und Nase bedecken, nicht ausreichend evaluiert sei und daher weder eine Empfehlung für noch gegen den Einsatz gegeben werden könne. Dagegen empfiehlt nunmehr jedoch das Robert Koch-Institut (RKI) im Rahmen einer Neubewertung ein generelles Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum als einen weiteren Baustein, um Risikogruppen zu schützen und den Infektionsdruck und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren. Dabei betont es, dass der Einsatz von MNB die zentralen Schutzmaßnahmen, wie die (Selbst-) Isolation Erkrankter, die Einhaltung der physischen Distanz von mindestens 1,50 m, die Hustenregeln und die Händehygiene zum Schutz vor Ansteckung, nicht ersetzen kann. Diese zentralen Schutzmaßnahmen müssten weiterhin strikt eingehalten werden. Daneben könne jedoch durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung eine teilweise Reduktion der unbemerkten Übertragung von infektiösen Tröpfchen auf Populationsebene zu einer weiteren Verlangsamung der Ausbreitung beitragen. Dies betreffe die Übertragung im öffentlichen Raum, in dem mehrere Menschen zusammen treffen und sich dort länger aufhalten (z. B. Arbeitsplatz) oder der physische Abstand von mindestens 1,50 m nicht immer eingehalten werden könne (z. B. Einkaufssituation, öffentliche Verkehrsmittel). Tätigkeiten, die mit vielen oder engeren Kontakten einhergehen, seien hier von besonderer Bedeutung. Da bei vielen Ansteckungen die Infektionsquelle unbekannt sei, könne eine unbemerkte Ausscheidung des Virus in diesen Fällen weder durch eine Verhaltensänderung (wie eine Selbstquarantäne) noch durch eine frühzeitige Testung erkannt werden, da der Beginn der Infektiosität unbekannt sei. In dem System verschiedener Maßnahmen sei ein situationsbedingtes generelles Tragen von MNB in der Bevölkerung ein weiterer Baustein, um Übertragungen zu reduzieren. Entsprechend kommt auch das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in einer aktuellen Stellungname zu dem Schluss, dass der Einsatz von Gesichtsmasken als Mit-tel der Kontrolle von Infektionsquellen eingesetzt werden kann, um die Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung durch infizierte Personen, die noch keine Symptome entwickelt haben, zu verhindern. Das amerikanische Public-Health-Institut CDC spricht ebenfalls eine Empfehlung für den Einsatz von MNB aus, um in Situationen, in denen andere Maßnahmen der physischen Distanzierung nur schwierig eingehalten werden können, eine Übertragung des Virus auf andere zu verhindern. Dies überzeugt im Hinblick auf den Umstand, dass sich nach der Datenlage in Deutschland nur bei 53 % der (wohl bestätigten) Infizierten Husten manifestiert. Gleichzeitig wird eingeschätzt, dass Patienten bereits 1-3 Tage vor Symptombeginn infektiös sind (vgl. Epidemiologisches Bulletin des RKI vom 14. April 2020). Außerdem erfolgen keine flächendeckenden Tests, so dass sich die Dunkelziffer der Infizierten nicht seriös einschätzen lässt.
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