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Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV) für Pensionskassenzusagen

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Vorliegend ging es um die Frage, ob der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) im Fall der Insolvenz eines Arbeitgebers für Leistungskürzungen durch die Pensionskasse aufkommen muss.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Herr B. erhielt seit Dezember 2000 eine Betriebsrente, die eine monatliche Pensionszulage und ein jährliches Weihnachtsgeld, die ihm beide unmittelbar von seiner ehemaligen Arbeitgeberin gewährt wurden, sowie eine Rente umfasste, die ihm von der Pensionskasse für die deutsche Wirtschaft auf der Grundlage der Beiträge der ehemaligen Arbeitgeberin gezahlt wurde.

Infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten, in die diese Pensionskasse 2003 geriet, wurden die ausgezahlten Leistungen mit Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gekürzt. Die ehemalige Arbeitgeberin glich diese Kürzung bis 2012 aus, als über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Seitdem erhält Herr B. keinen Ausgleich mehr für die Kürzung, da der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV), eine privatrechtliche Einrichtung, die von Deutschland als Träger der Arbeitgeberinsolvenzsicherung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bestimmt worden ist, nur die monatliche Pensionszulage und das jährliche Weihnachtsgeld übernommen hat, aber nicht den Ausgleich für die Kürzung.

Das BAG hat den EuGH in diesem Zusammenhang um Auslegung der Richtlinie 2008/94 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ersucht, Art. 8 (vgl. BAG, 20.02.2018 - Az: 3 AZR 142/16 (A)).

Danach müssen sich die Mitgliedstaaten vergewissern, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aus dessen Unternehmen oder Betrieb ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte auf Leistungen bei Alter aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit getroffen werden.

Der EuGH hat zunächst geprüft, ob die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 8 der Richtlinie 2008/94 erfüllt sind und dies bejaht, da es sich um einen ehemaligen Arbeitnehmer handelt, dessen ehemalige Arbeitgeberin zahlungsunfähig ist und zum Zeitpunkt des Eintritts ihrer Zahlungsunfähigkeit und aufgrund dessen die erworbenen Rechte auf Leistungen bei Alter beeinträchtigt wurden. Der EuGH hat daraus geschlossen, dass Art. 8 der Richtlinie 2008/94 auf eine Situation wie die vorliegende anwendbar ist.

Was sodann die Umstände betreffe, unter denen anzunehmen sei, dass eine Kürzung der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung offensichtlich unverhältnismäßig sei und die Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach sich ziehe, einen gewissen Schutz zu gewährleisten, sei darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Art. 8 der Richtlinie 2008/94 über einen weiten Ermessensspielraum verfügten und nur verpflichtet seien, den in dieser Bestimmung geforderten Mindestschutz zu garantieren. Ein ehemaliger Arbeitnehmer müsse bei Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers mindestens die Hälfte der Leistungen bei Alter erhalten, die sich aus seinen erworbenen Ansprüchen ergeben, was jedoch nicht zur Folge habe, auszuschließen, dass selbst bei Bestehen dieser Mindestgarantie unter bestimmten Umständen die erlittenen Verluste als offensichtlich unverhältnismäßig angesehen werden könnten.

Eine Kürzung der Leistungen bei Alter sei als offensichtlich unverhältnismäßig anzusehen, wenn die Fähigkeit des Betroffenen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, schwerwiegend beeinträchtigt sei. Dies wäre der Fall bei einem ehemaligen Arbeitnehmer, der wegen dieser Kürzung bereits unterhalb der von Eurostat für den betreffenden Mitgliedstaat ermittelten Armutsgefährdungsschwelle lebe oder künftig leben müsste, wodurch der jeweilige Mitgliedstaat verpflichtet sei, eine Entschädigung in Höhe eines Betrags zu garantieren, der zwar nicht notwendigerweise den gesamten erlittenen Verlust abdecke, aber doch geeignet sei, dessen offensichtlicher Unverhältnismäßigkeit abzuhelfen.

Schließlich sei festzustellen, dass dieser Art. 8, soweit er die Mitgliedstaaten verpflichte, einem ehemaligen Arbeitnehmer, dem Leistungen bei Alter offensichtlich unverhältnismäßig gekürzt werden, einen Mindestschutz zu gewährleisten, eine klare, eindeutige und unbedingte Verpflichtung enthalte, die den Mitgliedstaaten obliege und dem Einzelnen Rechte verleihen soll. Folglich könne diese Bestimmung gegenüber einer privatrechtlichen Einrichtung geltend gemacht werden, die vom Staat als Träger der Arbeitgeberinsolvenzsicherung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bestimmt worden sei, wenn diese Einrichtung in Anbetracht der Aufgabe, mit der sie betraut sei, und der Bedingungen, unter denen sie sie erfülle, dem Staat gleichgestellt werden könne, sofern sich die Aufgabe der Sicherung, mit der sie betraut sei, tatsächlich auf die Arten von Leistungen bei Alter erstrecke, für die der in Art. 8 dieser Richtlinie vorgesehene Mindestschutz verlangt werde.

Ob Deutschland die Pflicht, den von Art. 8 der Richtlinie verlangten Mindestschutz im Bereich der Leistungen bei Alter sicherzustellen, auf den Pensions-Sicherungs-Verein übertragen habe, müsse das BAG klären. Wie insbesondere aus den vom Pensions-Sicherungs-Verein und der deutschen Regierung eingereichten Erklärungen hervorgehe, erstrecke sich die Garantie, die diese Einrichtung gewährleisten müsse, nämlich nicht auf die Leistungen, die von Pensionskassen wie der hier in Rede stehenden erbracht werden.


EuGH, 19.12.2019 - Az: C-168/18

ECLI:EU:C:2019:1128

Quelle: PM des EuGH

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