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Arbeitsrechtliche Herausforderungen bei der Homeoffice-Regelung: Rechte und Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

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Die fortschreitende Digitalisierung und veränderte Arbeitsweisen haben das Homeoffice zu einer festen Größe in der modernen Arbeitswelt gemacht. Dieser Trend geht jedoch mit einer Vielzahl von arbeitsrechtlichen Fragestellungen einher. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen gleichermaßen vor neuen Herausforderungen, wenn es um die Einführung, Gestaltung und Umsetzung der Homeoffice-Regelung geht.

Kann der Arbeitgeber Homeoffice anordnen?

Nicht jeder Arbeitnehmer ist an einer Tätigkeit im Homeoffice interessiert. Sofern sich aus dem Arbeitsvertrag nichts anderes ergibt, ist der Arbeitgeber nicht allein wegen seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts berechtigt, dem Arbeitnehmer einen Telearbeitsplatz zuzuweisen. Lehnt der Arbeitnehmer die Ausführung der Telearbeit ab, liegt keine beharrliche Arbeitsverweigerung vor. Dass Arbeitnehmer z.B. zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf an einer Telearbeit interessiert sein können, führt nicht zu einer diesbezüglichen Erweiterung des Weisungsrechts des Arbeitgebers (LAG Berlin-Brandenburg, 10.10.2018 - Az: 17 Sa 562/18).

Arbeitszeit und Erreichbarkeit im Homeoffice

Die Flexibilität des Homeoffice bringt viele Vorteile mit sich, kann aber auch zu Unsicherheiten in Bezug auf Arbeitszeit und Erreichbarkeit führen.

Die Regelungen zur Arbeitszeit gelten auch im Homeoffice. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Arbeitszeit gemäß den gesetzlichen Vorgaben erfasst und dokumentiert wird. Die Arbeitszeitgesetze, die Pausenregelungen und Ruhezeiten regeln, gelten ebenso für Homeoffice-Tätigkeiten. Arbeitnehmer sollten klare Vereinbarungen darüber treffen, wann die Arbeitszeit beginnt und endet, um Überstunden zu vermeiden. Die klare Abgrenzung zwischen Arbeitszeit und Freizeit ist im Homeoffice oft schwieriger, daher ist eine bewusste Gestaltung der Arbeitszeit besonders wichtig.

Arbeitgeber müssen klare Richtlinien festlegen, wann Arbeitnehmer erreichbar sein sollten und wann nicht. Das Recht auf Nichterreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit sollte respektiert werden.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer arbeitet im Homeoffice und erhält spätabends eine E-Mail vom Vorgesetzten mit der Bitte um sofortige Rückmeldung. Hier ist eine klare Kommunikation seitens des Arbeitgebers notwendig, um zu vermeiden, dass der Arbeitnehmer sich gezwungen fühlt, außerhalb der regulären Arbeitszeit zu antworten.

Im Homeoffice sind Pausen oft flexibler gestaltbar. Dennoch ist es wichtig, dass Arbeitnehmer regelmäßige Pausen einhalten, um die eigene Gesundheit und Produktivität zu fördern. Arbeitgeber können ihre Mitarbeiter darin unterstützen, indem sie klare Empfehlungen für Pausenzeiten geben. Die Gestaltung der Pausen sollte in Einklang mit den arbeitsrechtlichen Vorgaben stehen, um gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorzubeugen.

Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass regelmäßige Unterbrechungen eingeplant werden, um Verspannungen und eine dauerhafte Bildschirmarbeit zu vermeiden.

Die Arbeitszeitdokumentation im Homeoffice ist ebenso wichtig wie im Büro. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die geleistete Arbeitszeit genau erfasst wird, um Überstunden korrekt zu verwalten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Arbeitszeit zu dokumentieren, z. B. durch Zeiterfassungssysteme oder Excel-Tabellen. Arbeitnehmer sollten darauf achten, ihre Arbeitszeiten regelmäßig und genau zu dokumentieren, um eine korrekte Abrechnung und Erfassung zu gewährleisten.

Datenschutz und Informationssicherheit

Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Homeoffice erfordert besondere Aufmerksamkeit. Arbeitgeber sind verpflichtet, die datenschutzrechtlichen Bestimmungen einzuhalten und die notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören beispielsweise die Verschlüsselung von Daten und die Nutzung sicherer IT-Systeme. Arbeitnehmer müssen sensibel mit sensiblen Daten umgehen, um Datenschutzverletzungen zu vermeiden.

Ein Arbeitnehmer, der im Homeoffice Kundendaten bearbeitet, muss sicherstellen, dass diese Daten nicht unberechtigt zugänglich sind. Bei der Verwendung von Videokonferenz-Tools. Müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sicherstellen, dass diese Tools datenschutzkonform sind und keine unerlaubte Übertragung von Daten erfolgt.

Ebenso sollten mobile Endgeräte, die für berufliche Zwecke genutzt werden, besonders abgesichert werden.

Die Trennung von privater und beruflicher Nutzung von IT-Systemen sollte daher penibel beachtet werden, um Datenschutz und Informationssicherheit zu gewährleisten.

Arbeitsschutz und Ergonomie

Arbeitgeber haben die Pflicht, auch außerhalb des Unternehmens für die Gesundheit und Sicherheit ihrer Mitarbeiter zu sorgen. Dazu gehört die Bereitstellung ergonomischer Arbeitsmittel wie höhenverstellbare Schreibtische, ergonomische Stühle und ergonomisches Zubehör wie Maus und Tastatur. Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass ihr Arbeitsplatz ergonomisch gestaltet ist.

Regelmäßige Pausen, Positionswechsel und kurze Bewegungseinheiten können dazu beitragen, die körperliche Gesundheit zu erhalten. Arbeitgeber können Schulungen oder Informationsmaterialien bereitstellen, um die Sensibilisierung der Arbeitnehmer für das Thema Ergonomie zu fördern.

Haftungsfragen im Homeoffice

Beschäftigte sind zu Hause gesetzlich unfallversichert, wenn sie in Ausübung ihrer versicherten Tätigkeit Betriebswege zurücklegen, um ihre häusliche Arbeitsstätte zu erreichen (BSG, 27.11.2018 - Az: B 2 U 28/17 R). So ist ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt (BSG, 08.12.2021 - Az: B 2 U 4/21 R).

Allerdings können sich auch im Homeoffice Situationen ergeben, die außerhalb der beruflichen Tätigkeit liegen und somit nicht vom Versicherungsschutz erfasst werden. So ist beispielsweise der Weg vom Homeoffice zum Kindergarten und zurück nicht unfallversichert (BSG, 30.01.2020 - Az: B 2 U 19/18 R). Arbeitgeber sollten daher klare Richtlinien zur Abgrenzung zwischen Arbeitszeit und privater Zeit im Homeoffice festlegen.

Auch die Haftung für Datenschutzverletzungen oder Schäden an betrieblichen Geräten muss geklärt sein. Im Falle von Datenschutzverletzungen haftet derjenige, der gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen hat. Arbeitgeber sollten daher sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter über die richtigen Verhaltensweisen im Umgang mit personenbezogenen Daten informiert sind.

Arbeitgeber darf Rückkehr aus Homeoffice anordnen

Ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer gestattet hatte, seine Tätigkeit im Homeoffice zu erbringen, ist gemäß § 106 Satz 1 GewO grundsätzlich berechtigt, seine Weisung zu ändern, wenn sich später betriebliche Gründe herausstellen, die gegen eine Erledigung von Arbeiten im Homeoffice sprechen (LAG München, 26.08.2021 - Az: 3 SaGa 13/21). Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitsvertrag keine Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice vorsieht.
Stand: 02.10.2023 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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