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Rechtsbehelfe im Sozialrecht: Der Widerspruch

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

Ein Widerspruch kann gegen jeden „Verwaltungsakt“ erhoben werden. Das heißt: Widerspruch ist gegen alle sozialrechtlichen Bescheide (schriftliche Verwaltungsakte) möglich. Widerspruch kann aber auch gegen alle anderen Entscheidungen der Behörde erhoben werden, zum Beispiel gegen mündliche Entscheidungen. Auch das können Verwaltungsakte sein.

Der oft verwendete Begriff des „rechtsmittelfähigen Bescheides“ führt oft zu Missverständnissen, da mit dem Widerspruch gegen jeden Bescheid vorgegangen werden kann. Es kommt nicht darauf an, ob der Bescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung hat.

Der Widerspruch ist nur schriftlich oder zur Niederschrift in der Behörde möglich. Ein per Telefon oder per Email erhobener Widerspruch ist nicht wirksam.

Begründet werden muss der Widerspruch nicht, er muss aber innerhalb der Widerspruchsfrist erhoben werden. Die Widerspruchsfrist beträgt in der Regel einen Monat. Eine Ausnahme gilt, wenn der, der den Bescheid bekommt, im Ausland lebt. Dann beträgt die Widerspruchsfrist drei Monate. Wenn der Bescheid oder der Verwaltungsakt keine Rechtsbehelfsbelehrung hat oder wenn die Rechtsbehelfsbelehrung nicht richtig ist, beträgt die Widerspruchsfrist ein Jahr.

Die Frist beginnt, wenn der Bescheid dem Adressaten zugeht, also bei ihm ankommt. Wenn das Zugangsdatum nicht genau bekannt ist, wird vermutet, dass der Bescheid drei Tage, nachdem er abgeschickt wurde, zugegangen ist.

Im Sozialrecht ist der Widerspruch kostenlos. In anderen Gebieten des Verwaltungsrechts erhebt die Behörde in der Regel eine Gebühr für einen Widerspruch.

Die Behörde muss über einen Widerspruch in der Regel innerhalb von drei Monaten entscheiden. Wenn sie das nicht tut, kann der Widerspruchsführer Untätigkeitsklage erheben (§ 88 SGG, § 75 VwGO).

Überprüfungsantrag

Auch wenn die Frist für den Widerspruch schon verstrichen ist, steht mit dem Überprüfungsantrag noch ein Rechtsbehelf zur Verfügung. Im Gesetz ist der Überprüfungsantrag in § 44 SGB X geregelt.

Wenn die Behörde beispielsweise zu geringe Leistungen bewilligt hat, muss sie einen rechtswidrigen Bescheid zurücknehmen und die höheren Leistungen bewilligen. Hat die Behörde zu viel Geld zurückfordert, gilt dasselbe: Die Erstattungsforderung muss dann reduziert oder ganz fallen gelassen werden.

Ein Überprüfungsantrag kann fristlos gestellt werden, d.h. eine explizite Frist ist nicht geregelt. Leistungen müssen aber grundsätzlich lediglich für vier Jahre rückwirkend erbracht werden. Die Sozialhilfe, das SGB II („Hartz-IV-Gesetz“) und das AsylbLG bilden insoweit eine Ausnahme, da diese Leistungen nur für ein Jahr rückwirkend gezahlt werden müssen.

Dabei wird nur das volle Kalenderjahr gerechnet; das angebrochene Kalenderjahr zählt nicht mit:

Wenn man am 2.1.2020 einen Überprüfungsantrag für die Vergangenheit stellt, dann muss die Behörde ab 1.1.2016 oder ab 1.1.2019 nachzahlen. Wenn man den Antrag am 31.12.2019 stellt, muss ab 1.1.2015 oder ab 1.1.2018 nachgezahlt werden.

Klage vor dem Sozialgericht oder dem Verwaltungsgericht

Für die meisten sozialrechtlichen Angelegenheiten sind die Sozialgerichte zuständig.

Es gibt einige Gebiete des Sozialrechts, für die die Verwaltungsgerichte zuständig sind. Die wichtigsten Fälle der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sind das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilferecht), das BAföG und das Wohngeldgesetz.

Im Gesetz ist das in § 51 SGG (Sozialgerichtsgesetz) geregelt: Für die Gebiete, die hier gelistet sind, sind die Sozialgerichte zuständig. Für alle anderen Gebiete des öffentlichen Rechts sind in der Regel die Verwaltungsgerichte zuständig.

Für das Kindergeld gibt es eine weitere Besonderheit: Da das Kindergeld grundsätzlich nach den Regelungen des Einkommenssteuergesetzes (EStG) gezahlt wird und als „negative Steuer“ verstanden wird, sind für Klagen auf Kindergeld die Finanzgerichte zuständig.

Die Klage vor dem „falschen“ Gericht hat aber keine negativen Folgen, da das unzuständige Gericht die Klage an das richtige Gericht verweisen muss.

Im Regelfall muss der Kläger Gerichtskosten zahlen, wenn er eine Klage bei Gericht erhebt. Klagen vor dem Sozialrecht sind jedoch in den meisten Fällen kostenfrei. Allerdings gibt es einige Ausnahmen:

Vor den Sozialgerichten sind grundsätzlich alle Klagen kostenlos, die von Personen erhoben, die ein Recht auf soziale Leistungen geltend machen. Im Einzelnen ist das in § 183 SGG geregelt. Vor den Verwaltungsgerichten sind nur die Klagen im Bereich des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) und des BAföG (Ausbildungsförderung) kostenfrei. Das ergibt sich aus § 188 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung). Für Verfahren wegen Wohngeld oder Kindergeld und für viele andere werden Gerichtskosten erhoben.

Für die Klage gilt eine Monatsfrist. Die Klage muss also innerhalb eines Monats nach Zugang des Widerspruchsbescheides beim Gericht eingehen. Für die Berechnung der Frist gilt dasselbe wie für die Widerspruchsfrist (siehe oben). In Angelegenheiten, für die die Sozialgerichte zuständig sind, besteht in der Regel kein Risiko, wenn erst einmal zur Wahrung der Frist Klage erhoben wird. Vor den Sozialgerichten besteht in erster und in zweiter Instanz, also beim Sozialgericht und beim Landessozialgericht, auch kein Anwaltszwang. Das bedeutet, dass man selbst und ohne einen Anwalt zu beauftragen Klage erheben kann. In der Verwaltungsgerichtsbarkeit besteht nur in der ersten Instanz (Verwaltungsgericht) kein Anwaltszwang.

Die Klage soll bei dem örtlich zuständigen Gericht eingereicht werden. Wenn sie bei einem örtlich unzuständigen Gericht eingereicht wird, leitet dieses die Klage an das zuständige Gericht weiter.

Wenn die Sozialgerichte zuständig sind, kann die Klage auch bei der Behörde eingereicht werden. Die Behörde muss die Klage dann an das Sozialgericht weiterleiten.
Stand: 20.01.2020 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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