Verkehrsunfall? Mit einer ➠ Unfallregulierung Ansprüche unkompliziert geltend machen!Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer formularmäßigen Klausel, wonach der Geschädigte aufgrund der Abtretung seines Anspruchs auf Erstattung des
Sachverständigenhonorars gegen den Unfallgegner an den Sachverständigen nur dann auf Zahlung des Honorars in Anspruch genommen werden kann, wenn eine Durchsetzung des Anspruchs „nicht möglich“ ist.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist eine sogenannte Verrechnungsstelle, die über eine Erlaubnis zur Erbringung von Inkassodienstleistungen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verfügt. Sie nimmt die Beklagte, einen Kfz-Haftpflichtversicherer, aus abgetretenem Recht auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten in Anspruch.
Nach einem
Verkehrsunfall, der von dem Versicherungsnehmer der Beklagten jedenfalls mitverursacht wurde, beauftragte der Unfallgeschädigte ein Sachverständigenbüro mit der Begutachtung der Schäden an seinem Fahrzeug. Das Auftragsformular enthielt unter der Überschrift „Abwicklung der Vergütung des Sachverständigen; Abtretungen der Ansprüche“ folgende Regelungen:
„Der Sachverständige (SV) nutzt die Leistungen der D[…(Name und Anschrift der Klägerin)]. Die D[…] übernimmt die Abwicklung der nachfolgend benannten Ansprüche gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung bzw. dem Halter oder dem Fahrer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeugs für den Geschädigten und den SV. Hierzu vereinbaren der Geschädigte, der SV und die D[…] folgendes:
1. Der Geschädigte tritt seinen Anspruch auf Erstattung des Sachverständigenhonorars für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeugs in Höhe des Honoraranspruchs des SV (Grundhonorar und Nebenkosten, zzgl. der USt., sofern keine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht) - nachfolgend zusammenfassend „der Schadensersatzanspruch“ genannt - an den SV ab.
2. Durch diese Abtretung muss sich der Geschädigte nicht selbst an die Anspruchsgegner wenden. Nur dann, wenn eine (vollständige) Durchsetzung des Anspruchs gegen die Anspruchsgegner nicht möglich ist, kann der Geschädigte auf Zahlung des (Rest-)Honorars in Anspruch genommen werden, allerdings nur in Höhe des nicht regulierten Teilbetrags, und nur dann, wenn zuvor der vorstehend unter Ziff. 1 abgetretene Schadensersatzanspruch an den Geschädigten zurückabgetreten wurde.
3. Der SV nimmt die Abtretung des Schadensersatzanspruchs zu den vorstehenden Bedingungen an. Der SV nimmt keinerlei eigene Maßnahmen zur Regulierung des Schadens vor, sondern bietet hiermit der D[…] den Werklohnanspruch nach der vorstehenden Vereinbarung (Grundhonorar, Nebenkosten, Fremdkosten) sowie den an ihn abgetretenen Schadensersatzanspruch zur Abtretung an. Die D[…] nimmt das Abtretungsangebot des SV hiermit an; der SV verzichtet auf den Zugang der Annahmeerklärung.
4. Für den Fall, dass die Abtretung des Schadensersatzanspruchs an den SV aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist oder sich im Nachhinein als unwirksam erweist, so tritt der Geschädigte den Schadensersatzanspruch hilfsweise unmittelbar an die D[…] ab. Die D[…] nimmt die Abtretung an; der Geschädigte verzichtet auf den Zugang der Annahmeerklärung. Ziff. 2 gilt für diesen Fall entsprechend.“
Die Beklagte erstattete von den von der Klägerin geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von 612,13 € nur die Hälfte. Die Klage, mit der die Klägerin den Restbetrag nebst Zinsen geltend gemacht hat, hat das Amtsgericht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
Hierzu führte das Gericht aus:
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei, weil es schon an einer wirksamen (Erst-)Abtretung der streitgegenständlichen Forderung von dem Geschädigten an den Sachverständigen fehle. Ziffer 2 der Klausel sei wegen unangemessener Benachteiligung des Geschädigten, insbesondere wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot, gemäß § 307 Abs. 1 ZPO unwirksam. Die Klausel sei in ihrer Gesamtheit aufgrund der Regelung gleich mehrerer Rechtsverhältnisse überaus komplex, weshalb es einer besonders klaren und verständlichen Formulierung hinsichtlich der Voraussetzungen der Abtretungen und deren Rechtsfolgen bedürfe. Vor diesem Hintergrund sei Ziffer 2 intransparent, weil der Durchschnittskunde nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermessen könne, wann die erste Bedingung seiner Haftung für den Werklohnanspruch des Sachverständigen eintrete, nämlich die Voraussetzung, dass die (vollständige) Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs gegen die Anspruchsgegner „nicht möglich“ sei. Hier kämen drei mögliche Varianten in Betracht, nämlich die erfolglose außergerichtliche Aufforderung der Anspruchsgegner zur Begleichung der Forderung, der erfolglose Versuch einer gerichtlichen Auseinandersetzung oder die fruchtlose Vollstreckung eines erwirkten Titels gegen die Anspruchsgegner. Nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung sei von der ungünstigsten, ernsthaft in Betracht zu ziehenden Auslegungsvariante auszugehen, dass der Zessionar den Geschädigten schon dann in Anspruch nehmen könne, wenn nur ein außergerichtliches Aufforderungsschreiben scheitere.
Mit der Abtretungskonstruktion seien nicht unerhebliche Risiken für den Geschädigten verbunden, woraus sich für diesen eine unangemessene Benachteiligung ergebe. So könne der Schadensersatzanspruch vor der Honorarforderung des Sachverständigen verjähren. Eine Verpflichtung oder eine klare und verständliche Regelung, unter welchen Voraussetzungen von Seiten der Klägerin der Versuch einer (verjährungshemmenden) gerichtlichen Geltendmachung der Schadensersatzforderung unternommen werde, enthalte die Klausel nicht.
Aber auch in ihrer systematischen Gesamtkonstruktion genüge Ziffer 2 der Klausel dem Transparenzgebot nicht. Bereits der Einleitungssatz, wonach sich der Geschädigte nicht an den Anspruchsgegner wenden müsse, sei irreführend und intransparent, weil der Geschädigte vom Sachverständigen oder der Klägerin in verschiedenen Konstellationen gleichwohl in Anspruch genommen werden könne und sich dann doch noch an den Anspruchsgegner wenden müsse. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot folge zudem aus der Stellung der Ziffer 2. Eigentlich gehörten Ziffern 1 und 3 zusammen, weil sie den Schadensersatzanspruch und dessen Abtretungen an den Sachverständigen und an die Klägerin beträfen. Dagegen befasse sich Ziffer 2 mit dem Werklohnanspruch des Sachverständigen gegen den Geschädigten. Die Differenzierung zwischen den einzelnen Rechtsverhältnissen sei angesichts der Stellung der Ziffer und deren Einleitungssatz für den juristischen Laien kaum zu leisten. Weiter werde durch Verwendung des Passivs („kann der Geschädigte … in Anspruch genommen werden“) bewusst offengehalten, wer der Zessionar sei, der den Geschädigten wegen des Werklohnanspruchs des Sachverständigen in Anspruch nehmen könne. Diese Unklarheit werde durch Ziffer 4 der Klausel noch verstärkt, denn es bleibe offen, wer feststelle, dass die Abtretung aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei oder sich die erste Abtretung als unwirksam erweise. Damit entstehe ein zeitlich unabsehbarer Schwebezustand, dessen Ende für den durchschnittlichen Verbraucher nicht absehbar sei. Schließlich sei für den Verbraucher allein aus der Formulierung der Ziffer 2 nicht ohne weiteres ersichtlich, dass er ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen könne, wenn die (intransparenten) Voraussetzungen seiner Inanspruchnahme durch den Zessionar nicht vorliegen. Ziffer 4 sei ebenfalls wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, worauf es aber nicht ankomme, weil die Klägerin ihre Aktivlegitimation auf die in dieser Klausel geregelte Direktabtretung an sie nicht stütze.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klausel, bei der es sich nach den dem Berufungsurteil zugrundeliegenden Feststellungen um vom Sachverständigen oder von der Klägerin dem Geschädigten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist nicht wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
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