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Haftung des Kfz-Herstellers wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 31 Minuten

Diesel-Fahrzeug? Möglicherweise können Sie ➠ Schadensersatzansprüche geltend machen!
Der Kläger nimmt den beklagten Fahrzeughersteller auf Schadensersatz wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 2. März 2017 bei einem Händler einen gebrauchten, von der Beklagten hergestellten Pkw VW Passat CC 2.0 TDI. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Die Motorsteuerung des Fahrzeugs war mit einer das Abgasrückführungsventil steuernden Software ausgestattet, die erkannte, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wurde, und schaltete in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid-optimierten Modus. In diesem Modus fand eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltete der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten.

Am 22. September 2015 hatte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG a.F. veröffentlicht, wonach bei weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA189 eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei, sie mit Hochdruck daran arbeite, die Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen und dazu in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) stehe. Das KBA sah die genannte Software als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 715/2007 an und verpflichtete die Beklagte im Oktober 2015, die Abschalteinrichtung zu „entfernen“ und „geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftmäßigkeit“ … „zu ergreifen“. Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Software-Update, das das KBA als geeignet zur Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit auch des hier im Streit stehenden Fahrzeugtyps ansah. Der Kläger lehnte das ihm angebotene Aufspielen des Software-Updates ab, weil er es für ungeeignet, unzureichend und unzumutbar hielt.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger zuletzt die Zahlung von 29.126,51 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs und Zahlung von Nutzungsersatz (Klageantrag zu 1), hilfsweise die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs mit der manipulierten Motorensoftware durch die Beklagte resultieren (Klageantrag zu 2), sowie die Feststellung des Verzugs der Beklagten mit der Annahme der Zug-um-Zug-Leistung (Klageantrag zu 3) und des Herrührens des Zahlungsanspruchs aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung (Klageantrag zu 4), ferner die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (Klageantrag zu 5). Er macht insbesondere geltend, das Verhalten der Beklagten sei sittenwidrig gewesen und dies bis zum Abschluss des Kaufvertrags geblieben, Ansprüche gegen die Beklagte seien auch bei einem Erwerb nach dem Öffentlichwerden des Skandals nicht generell ausgeschlossen. Dass das Fahrzeug, das er erworben habe, von der Abgasproblematik betroffen gewesen sei, habe er im Erwerbszeitpunkt noch nicht gewusst, der Verkäufer habe ihm versichert, mit dem Wagen sei alles in Ordnung und es sei kein Software-Update nötig. Dieses weise weiterhin erhebliche Mängel und Risiken auf, die betroffenen Fahrzeuge seien mit einem erheblichen merkantilen Minderwert behaftet.

Das Landgericht hat die Klage ab- und das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Hierzu führte das Gericht aus:

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat eine etwaige Haftung der Beklagten wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB) spätestens mit der Offenlegung des Sachverhalts im Herbst 2015 geendet. Ob der Kläger, wie er behaupte, bei Erwerb nicht gewusst habe, dass sein Fahrzeug von der Abgasproblematik betroffen sei, sei unerheblich. Eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV, Art. 5 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 715/2007 scheide bereits mangels Schutzgesetzeigenschaft aus; zudem liege insoweit kein Verstoß vor, weil die für das Fahrzeug ausgestellte Übereinstimmungsbescheinigung auf eine gültige EG-Typgenehmigung zurückgehe und die Gültigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung nicht vor-aussetze, dass diese vollumfänglich richtig sei.

II. Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, soweit die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klageanträge zu 1, 2 und 5 zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen (Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klageanträge zu 3 und zu 4) ist die Revision unbegründet. Soweit das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB) verneint, hält sich dies im Rahmen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und lässt Rechtsfehler nicht erkennen (unter II.1). Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht hingegen eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV, Art. 5 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 715/2007 (unter II.2).

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Birgül D., Mannheim