Wir lösen Ihr Rechtsproblem! Stellen Sie uns jetzt Ihre Fragen.Bewertung: - bereits 388.288 Anfragen

Stehen vor einem Pkw während eines Staus ist keine Nötigung

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Allein die Tatsache, dass sich im Stau vor ein Fahrzeug gestellt wurde, begründet aus Rechtsgründen nicht den Tatbestand der Nötigung, da insoweit nur psychisch wirkender Zwang ausgeübt wurde.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Am 19.2.2012 fand das Fußballbundesligaspiel zwischen dem G und dem W statt. Der Angeklagte und der Zeuge C besuchten das Spiel und wollten im Anschluss mit ihrem Fahrzeug den Parkplatz E 2 verlassen, um nachhause zu fahren. Aufgrund des erheblichen Fahrzeugverkehrs gelang es dem Angeklagten und dem Zeugen nicht, das Parkplatzgelände zügig zu verlassen. Es entstand bereits auf dem Parkplatzgelände in Richtung Ausfahrt auf die X-Allee ein Stau. Das Fahrzeug des Angeklagten führte an diesem Tag der Zeuge C, da der Angeklagte aufgrund einer vorher erfolgten Knieoperation nicht fahren konnte. Der Angeklagte benutzt an diesem Tag zum Gehen Gehhilfen, die im Auto lagen.

Der Zeuge C versuchte, über einen Nebenweg auf dem Parkplatzgelände auf den Hauptweg des Parkplatzgeländes zu gelangen bzw. einzufahren. Auf diesem Hauptweg, der zur öffentlichen Straße führt, war ebenfalls ein Rückstau. Dieser Stau war so stark, dass sich über mehrere Minuten lang überhaupt nichts bewegte.

Als der Zeuge C mit dem Fahrzeug des Angeklagten unmittelbar vor dem Hauptweg stand, lag wiederum eine Situation vor, in der sich der Verkehr minutenlang nicht bewegte. Da es in diesem Zeitabschnitt länger als üblich dauerte, dass sich der Verkehr in Bewegung setzte, stieg der Angeklagte aus dem Auto aus, um eine Zigarette zu rauchen und um zu beobachten, warum der Verkehr sich so lange staute.

Der Angeklagte ging, allerdings ohne seine Gehhilfen, auf den Hauptfahrweg und stellte sich in einem Abstand von etwa 30-50 cm vor das Auto des Zeugen L. Auch zu diesem Zeitpunkt konnte der Zeuge L nicht weiter fahren, da sich der Stau weiterhin nicht auflöste. Offenbar provoziert durch das Verhalten des Angeklagten ließ der Zeuge L sein Auto, ohne einen Gang einzulegen, nach vorne rollen und berührte den Angeklagten am Bein etwa in Höhe seines Kniegelenks. Daraufhin drehte sich der Angeklagte zum Zeugen L als Fahrer um und sagte sinngemäß, dass dieser aufpassen sollte, da er dort stehe. Gleichzeitig machte er einen Schritt nach vorn, so dass wieder ein Abstand von etwa 30 bis 50 Zentimetern zwischen ihm und dem Fahrzeug des Zeugen L bestand.

Zwischen dem Zeugen L und dem Zeugen C entspann sich dann noch ein kurzer Dialog. Zumindest äußerte der Zeuge L sich dahingehend, dass der Angeklagte ein „Schlumpf“ sei, der da verschwinden solle, dann würde er, der Zeuge L, ihn, den Zeugen C, einlassen. Der Angeklagte bewegte sich allerdings von seinem Platz nicht weg. Der Angeklagte beschwerte sich beim Zeugen L darüber, dass dieser ihn einen „Schlumpf“ genannt habe. Der Zeuge L fuhr daraufhin erneut gegen die Beine des Angeklagten. Ob er das Fahrzeug nur rollen ließ oder ob er bereits ein Gang eingelegt hatte und in Richtung des Angeklagten fuhr, ließ sich nicht sicher feststellen. Auch zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Fahrzeugverkehr auf dem Hauptweg noch nicht in Bewegung gesetzt. Jedenfalls war dieser zweite Anstoß heftiger als der erste. In Folge des Anstoßes fiel der Angeklagte auf die Motorhaube des Fahrzeugs des Zeugen L.

Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen P der Baureihe…. Nicht ausschließbar durch den Fall auf die Motorhaube entstand im oberen rechten Bereich der Motorhaube eine kleine Delle. Im Anschluss daran verließ der Zeuge L sein Fahrzeug und ergriff den Angeklagten und warf ihn auf die Motorhaube seines eigenen Fahrzeugs. Danach trennten sich beide wieder.

Der Angeklagte suchte daraufhin die Polizei auf, um den Vorfall zur Anzeige zu bringen. Als die Polizei nach etwa 10-15 min eintraf, hatte sich die Fahrzeugschlange immer noch nicht in Bewegung gesetzt.

Hierzu führte das Gericht aus:

Das Amtsgericht hat den Angeklagten auf Anklage der Staatsanwaltschaft wegen Nötigung verurteilt. Es hat dazu festgestellt, der Angeklagte habe durch den Schlag auf die Motorhaube des Fahrzeugs des Zeugen L diesen an der Weiterfahrt gehindert.

In Bezug auf den Vorwurf der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB war der Angeklagte sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen freizusprechen. Die Kammer konnte nicht feststellen, dass der Angeklagte gezielt einen Schlag auf die Motorhaube des Fahrzeugs des Zeugen L ausgeführt hatte. Allein die Tatsache, dass der Angeklagte sich vor das Fahrzeug des Zeugen gestellt hatte, begründet aus Rechtsgründen nicht den Tatbestand der Nötigung, da der Angeklagte insoweit nur psychisch wirkenden Zwang ausgeübt hat. Dieser reicht zur Erfüllung des Tatbestandes nicht aus.

Zudem ist zu sehen, dass sich der Verkehr auf dem Hauptweg des Parkplatzes noch nicht in Bewegung gesetzt hatte und der Angeklagte somit ohnehin keinen Nötigungserfolg erreichen konnte und wollte.

Aus tatsächlichen Gründen schied auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB aus.


LG Essen, 12.02.2013 - Az: 24 Ns-28 Js 124/12-102/12 30 Ds 174/12

ECLI:DE:LGE:2013:0212.24NS28JS124.12.10.00

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Bild am Sonntag

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.235 Bewertungen) - Bereits 388.288 Beratungsanfragen

Sehr gute Anwälte!!! Eine schnelle problemlose und ausführlich präzise Beratung.
Kann ich nur weiterempfehlen! MfG

RJanson, Rodenbach

klar, effizient und fair im Preis

Verifizierter Mandant