Diesel-Fahrzeug? Möglicherweise können Sie ➠ Schadensersatzansprüche geltend machen!Vom sog. Dieselskandal betroffene Käufer müssen sich auf den Kaufpreis den gezogenen Nutzungsvorteil anrechnen lassen. Dabei ist auf den konkret - notfalls sachverständig - erlittenen Wertverlust des Fahrzeugs abzustellen. Die Schätzung allein anhand einer linearen Teilwertabschreibung (gefahrene Kilometer multipliziert mit dem Kaufpreis geteilt durch die Gesamtlaufleistung) bildet die konkrete Wertentwicklung nur unzureichend ab und kann dazu führen, dass der Geschädigte an dem Schadensfall „verdient“.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger kaufte 2011 einen neuen VW Touran für 34.700 € mit einem Dieselmotor des Typs EA 189. Die Motorsteuerung war zum Zeitpunkt der Erstzulassung so programmiert, dass sie das Durchlaufen des Prüfstandes erkannte und in diesem Fall in einen Stickoxid-optimierten Betriebsmodus wechselte. Der Kläger meint, die beklagte Herstellerin habe ihn sittenwidrig über das Vorhandensein einer gesetzeswidrigen Abschalteinrichtung getäuscht.
Er begehrt Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.
Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem OLG teilweise Erfolg.
Der Kläger kann - wie auch höchstrichterlich bereits mehrfach ausgesprochen - grundsätzlich Schadensersatz von der Beklagten wegen einer sittenwidrigen Schädigung verlangen. Er muss sich aber auf den Kaufpreiserstattungsanspruch die von ihm gezogenen Fahrzeugnutzungen anrechnen lassen. Dieser Nutzungsvorteil bemisst sich nach dem Wertverlust, den das Fahrzeug während der Nutzungszeit erlitten hat.
Die Schätzung dieses Wertverlustes kann zwar nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Wege einer linearen Teilwertabschreibung erfolgen: Demnach wird der Bruttokaufpreis des Fahrzeugs durch die voraussichtliche Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt geteilt und dieser Wert mit den gefahrenen Kilometer multipliziert.
Vorzugswürdig ist jedoch eine ggf. sachverständig vorgenommene Schätzung des Nutzungsvorteils anhand des konkret erlittenen Wertverlustes.
Die vom Bundesgerichtshof gebilligte Methode der Schadensschätzung auf der Grundlage der Annahme eines linearen Wertverzehrs ist regelmäßig nicht in gleicher Weise geeignet, den Nutzungsvorteil mit derselben Genauigkeit abzubilden. Insbesondere bei Fahrzeugen mit einer sehr geringen Laufleistung kann es bei Anwendung der ausschließlich laufleistungsbezogenen Formel dazu kommen, dass der Geschädigte an dem Schadensfall „verdient“.
Es ist gerichtsbekannt, dass genutzte Fahrzeuge in den ersten Jahren nach der Erstzulassung einen unverhältnismäßig hohen Wertverlust erlitten. Wird allein auf die zurückgelegte Fahrtstrecke abgestellt, muss sich der Geschädigte jedoch nur einen auf der Annahme eines linearen Wertverlustes beruhenden Nutzungsvorteil anrechnen lassen. Der so ermittelte Nutzungsvorteil ist geringer als die Differenz zwischen tatsächlichem Bruttokaufpreis und Fahrzeugwert, so dass dem Geschädigten ein auf dem Schadensereignis beruhender ungerechtfertigter Vorteil verbleibt.
So lag der Fall auch hier. Der sachverständig berechnete konkrete Nutzungsvorteil betrug 22.250 €, so dass die Beklagte zur Zahlung von 12.450,00 € zu verurteilen war. Bei Ansatz eines linear berechneten Nutzungsvorteils würde sich dagegen ein Nutzungsvorteil nur in Höhe von 5.233,68 € ergeben, so dass dem Kläger knapp 29.500 € zugesprochen werden würden. Über die lineare Berechnungsmethode würde damit beim Kläger damit ein „Gewinn“ von 17.016,32 € verbleiben. Eine solche Überkompensation ist nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht zu rechtfertigen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig; mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.