Die Nutzung einer online abrufbaren Fotografie zum Zwecke des Text und Data Mining ist nach
§ 44b UrhG zulässig, wenn ein etwaiger Nutzungsvorbehalt nicht in der gesetzlich geforderten maschinenlesbaren Form hinterlegt ist.
Die Erstellung eines frei zugänglichen KI-Trainingsdatensatzes kann als wissenschaftliche Forschung im Sinne des
§ 60d UrhG gerechtfertigt sein, selbst wenn der Datensatz später auch von kommerziellen Anbietern genutzt werden kann.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Das OLG Hamburg hat die Berufung eines Fotografen gegen das klagabweisende Urteil des Landgerichts Hamburg (Az: 310 O 227/23) zurückgewiesen. Der klagende Fotograf hatte sich gegen das sogenannte Text und Data Mining eines Vereins gewandt, welches seine Fotografie betraf.
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Nutzung einer Fotografie bei der Erstellung eines Datensatzes, der für das Training Künstlicher Intelligenz (KI) genutzt werden kann. Der Kläger ist Berufsfotograf. Der Beklagte ist ein Verein, der ein sog. Dataset für Bild-Text-Paare öffentlich kostenfrei zur Verfügung stellt. Es handelt sich dabei um eine Art Tabellendokument, das Hyperlinks zu im Internet öffentlich abrufbaren Bildern bzw. Bilddateien sowie weitere Informationen zu den entsprechenden Bildern enthält, darunter eine Bildbeschreibung. Mit diesem Datensatz können sog. generative KI-Modelle trainiert werden.
Im Rahmen der Erstellung des Datensatzes lud der Beklagte u.a. die streitgegenständliche Fotografie von der Webseite einer Bildagentur herunter, um einen Abgleich zwischen Bild und Bildbeschreibung vorzunehmen. Der klagende Fotograf begehrt die Unterlassung der Vervielfältigung seiner Fotografie. Er macht geltend, dass die vom Beklagten vorgenommene Vervielfältigung ihn in seinen durch das Urheberrechtsgesetz (UrhG) geschützten Rechten verletze.
Das Landgericht Hamburg hatte die Klage mit Urteil vom 27. September 2024 abgewiesen. Mit der hiergegen eingelegten Berufung hat der Kläger seinen Unterlassungsantrag weiterverfolgt.
Die Entscheidung des 5. Zivilsenats
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem klagenden Fotografen stehe kein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. Der Beklagte kann sich hinsichtlich der Nutzung der heruntergeladenen Fotografie auf die Schrankenregelungen für das sogenannte Text und Data Mining aus § 44b UrhG berufen. Deren Anwendbarkeit hatte das Landgericht in seiner Entscheidung noch offengelassen. Text und Data Mining ist im Gesetz definiert als die „automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen“. Da sich der Kläger zur Verwertung seiner Bilder einer Agentur bedient habe, muss ein von dieser aufgestellter Nutzungsvorbehalt auch ihm als Rechtsinhaber zugerechnet werden. Der auf der Webseite der Bildagentur zum Zeitpunkt des Downloads der Fotografie vorhandene Nutzungsvorbehalt hatte vorliegend aber nicht die gesetzlich vorgesehene Form (Maschinenlesbarkeit) aufgewiesen (§ 44b Abs. 3 S. 2 UrhG), so dass die streitgegenständliche Vervielfältigung zulässig war.
Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Nutzung der Fotografie auch deswegen gerechtfertigt gewesen ist, weil sie für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung erfolgte (Schrankenregelung des § 60d UrhG). In der Gesamtschau stellte bereits die Erstellung des Datensatzes ein methodisches, auf einen späteren Erkenntnisgewinn gerichtetes und nachprüfbares Vorgehen dar, das der angewandten Forschung zuzurechnen ist. Auch der Umstand, dass ebenso kommerzielle Anbieter den Datensatz nutzen können, führt zu keinem anderen Ergebnis, da es insofern an einem bestimmenden Einfluss eines privaten Unternehmens auf die Forschungseinrichtung fehlt (§ 60d Abs. 2 S. 3 UrhG).
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zugelassen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.